Marcellus Maximus meint. - Ausgabe #86
Prolog
Neben der Meldung, dass Elon Musk, der bereits 9,2 Prozent von Twitter besitzt und den Konzern nun ganz übernehmen möchte, was ich insgesamt sehr interessant fände, hat die Ausladung Frank-Walter Steinmeiers durch den ukrainischen Präsidenten Selenskyj diese Woche für Diskussionen gesorgt.
Ich halte/hielte diese Ausladung, die inzwischen offiziell dementiert wird, zwar für diplomatisch unklug, aber dennoch richtig. Die Naivität, die unter anderem in Steinmeiers Satz "Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt." bezüglich Russland zum Ausdruck kommen soll, nehme ich ihm nicht ab. Das ist strategische Selbstverzwergung.
Der von vielen leidenschaftlich gehasste Boris Johnson hat mit seinem Besuch in Kiew genau das getan, was man sich vom deutschen Bundeskanzler seit Wochen wünschen würde. Die klassische Situation, dass der vermeintlich Falsche das Richtige tut, macht es nicht falsch. Dass der böse Boris etwas Gutes tut, überfordert trotzdem viele.
Was war sonst noch? Erst verunglimpfen Menschen, die weiterhin Masken tragen andere, weil sie keine mehr tragen. Nun fangen Menschen, die keine Maske mehr tragen an, andere moralisch unter Druck zu setzen, weil sie weiterhin eine tragen. Der übliche Wahnsinn.
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Nun aber los.
Heute geht es unter anderem um Fehlerkultur, Befindlichkeiten und Zuverlässigkeit.
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Politik und Gesellschaft
Anne Spiegel ist diese Woche von ihrem Amt als Bundesfamilienministerin zurückgetreten. Dem Rücktritt war eine grotesk-verstörende Stellungnahme vorausgegangen, mit der Spiegel wohl gehofft hatte, sich doch noch halten zu können, die aber alles noch schlimmer machte. Grund für die anhaltende Kritik war ihr Krisenmanagement während der Flutkatastrophe im Ahrtal.
Fakt ist: Sie war war in der Flutnacht nicht erreichbar. Sie hat nach dem Rücktritt von Heinen-Esser verschwiegen, auch im Urlaub gewesen zu sein. Zudem behauptete sie wahrheitswidrig, an Kabinettssitzungen teilgenommen zu haben. Ihre Argumentation, die Familie habe in dieser Zeit einen vierwöchigen Urlaub dringend gebraucht, ist nachvollziehbar, für eine Ministerin allerdings nicht akzeptabel.
Erstens hat sie frei entschieden, bei offenbar bereits bestehender Überlastung, weitere Ämter zu übernehmen. Zweitens kann die Mitverantwortung für den Tod von 134 Menschen nicht mit persönlichen Befindlichkeiten erklären. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen der Opfer. Ein politisches Spitzenamt erfordert hohe psychische und physische Belastbarkeit, das wird auch sehr gut bezahlt. Niemand wird gezwungen, ein solches Amt zu übernehmen. Wer es tut, muss mit dem leben, was es mit sich bringt.
Politiker sind in der Vergangenheit schon für deutlich weniger zurückgetreten. Ich möchte nur an Horst Köhler, Christian Wulff, Cem Özdemir, Norbert Röttgen und Rudolf Scharping erinnern. In diese Reihe gehört auch Karl-Theodor zu Guttenberg. Warum er wegen Schummelei bei seiner Dissertation zurücktreten musste und Franziska Giffey nicht, wäre dann wieder ein Thema für sich.
Dass in der Diskussion nun durch bestimmte Kreise versucht wird, das Ganze als strukturelle Frauenfeindlichkeit zu rahmen, ist die übliche Identitäts-Folklore. Das war bei der Debatte um die Plagiate und den aufgehübschten Lebenslauf von Annalena Baerbock nicht anders.
Alexander Kissler hat in der NZZ kommentiert.
Es war ein Lehrstück der bitteren und der besonders aufschlussreichen Art: Die deutsche Familienministerin Anne Spiegel führte einem staunenden Publikum in Echtzeit das Drama ihrer Überforderung vor. Wer ihren bizarren Medienauftritt am späten Sonntagabend verfolgt hatte, wunderte sich nicht, dass die Grünen-Politikerin an diesem Montag doch ihren Rücktritt erklärte. Über den Fall hinaus weisen jedoch drei Lehren, die sich der gesamte politische Betrieb ins Gedächtnis rufen sollte: PR ist nicht alles, Kompetenz ist wichtiger als Authentizität und Professionalität wichtiger als Proporz.
Wie kam Frau Spiegel in diese für alle Beteiligten unglückliche Position? Die Grünen suchten, um ihre Kabinettsposten auffüllen zu können, nach einer Frau vom linken Flügel aus dem Westen. Trotz ihrer unterdurchschnittlichen Performance in Mainz gelangte Spiegel, die sich rückblickend schon mit der Führung des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums als überfordert erwiesen hat, an den Berliner Kabinettstisch.
Wenngleich das Proporz- und Paritätsdenken nirgendwo auf solche absurden Höhen getrieben wird wie bei Bündnis 90 / Die Grünen, ist das Personaltableau in allen deutschen Parteien Ausdruck interner Machtansprüche. Professionalität wird jedoch von der Grundvoraussetzung zum schmückenden Beiwerk, wenn nicht mehr Leistungen prämiert, sondern Herkünfte und Identitäten belohnt werden.
Anne Spiegel ist an sich selbst gescheitert - Neue Zürcher Zeitung
In der letzten Woche berichtete ich hier über die neuen Entwicklungen im Fall Gil Ofarim. Nun ist etwas geschehen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, in der Ecke, aus der es kommt allerdings mit der Lupe gesucht werden muss: Selbstkritik. Die Spiegel-Kolumnistin Samira El Ouassil, bei deren Nachnamen man sich nicht zu Rückschlüssen auf ihren Kommunikationsstil hinreißen lassen sollte, hat sich bei ihren Lesern dafür entschuldigt, dass sie Ofarim zunächst verteidigte.
Auch wenn es natürlich Teile dieser Kolumne gibt, denen ich entschieden widerspreche, finde ich es doch wichtig zu würdigen, wenn jemand einen Fehler, beziehungsweise eine Fehleinschätzung, einräumt. Lesenswert ist sie auch deshalb, weil sie viel über Denkmuster und identitätsdiskursive Sackgassen verrät, in denen sich auch Journalisten immer häufiger wiederfinden. Umso besser, dass es manche wenigstens in Teilen noch selbst bemerken.
Liebe Leser! Ich habe einen Fehler begangen. Und zwar im Oktober mit meiner Kolumne »Im Westin nichts Neues«. Ich habe nicht nur das Instagram-Video von Gil Ofarim geteilt, sondern einen ganzen Text darüber geschrieben, was für ein Skandal dieser Vorfall sei – heute kann davon ausgegangen werden, dass er nicht so stattgefunden hat wie von Ofarim behauptet.
Meine Einschätzung hinsichtlich der strukturellen Probleme in Deutschland vertrete ich weiterhin: Es besteht eine ernüchternde Alltäglichkeit antisemitischer Übergriffe. Den überheblichen Spott gegen die Hotelmitarbeiter und meine darin enthaltene Empörung über eine angebliche Diskriminierung, die es offenbar nicht gab, würde ich selbstredend nicht mehr so formulieren. Ich bitte Sie hiermit um Entschuldigung.
Ohne mich davon auszunehmen, dass auch ich mich von aufgeheizten Diskussionen antreiben lasse, war das »zu spät dran sein« mit der Solidarität nicht mein Impuls. Ich teilte das Instagram-Video und schrieb die Kolumne, weil ich Ofarim glaubte.
Sie können das für unfassbar naiv halten, aber es gab für mich keinen plausiblen Grund, seiner Aussage über eine antisemitische Diskriminierung präventiv mit Misstrauen zu begegnen. Und Sie haben jedes recht, mit mir darüber zu streiten, aber der publizistische Luxus einer Meinungskolumne ist, dass ich hier nicht als eine Journalistin mit den Standards eines Berichts arbeiten muss, sondern meine sehr persönlich gefärbte Meinung mit zarten Ausflügen in unvollendete Überlegungen zum Ausdruck bringen darf. Dafür bin ich sehr dankbar, aber das führt früher oder später natürlich zu Fehleinschätzungen. Selbstredend darf ich dabei keine Unwahrheiten und Desinformation verbreiten. Aber meine Gesellschaftskritik übte ich damals auf Grundlage meiner Annahme, dass Ofarims Schilderungen zutreffen.
Hier muss ich scharfe Selbstkritik üben, denn ich habe die Form der Kolumne zum Nachteil aller zerdehnt, weil ich mit dem Text zu einer Vorverurteilung beigetragen habe.
Ich bitte um Entschuldigung - Spiegel
Dass der Mietendeckel nicht das Problem löst, dass er lösen sollt, weiß jeder, der sich objektiv mit dem Thema beschäftigte, schon lange. Nun hat der Ökonom Mathias Doll die Auswirkungen für das Ifo-Institut untersucht.
WirtschaftsWoche: Herr Dolls, Sie stellten bei Ihren Untersuchungen zum umstrittenen Berliner Mietendeckel einen Einbruch auf dem Wohnungsmarkt nach der Einführung des Mietdeckels fest?
Mathias Dolls: Zumindest einen starken Rückgang. Wir haben die Entwicklungen in Berlin mit den 13 nächstgrößeren Städten in Deutschland verglichen. Während die Anzahl an Wohnungsanzeigen in diesen Städten relativ konstant blieb, gab es in Berlin einen steten Abwärtstrend. Er begann zum Teil schon vor der Ankündigung eines Mietendeckels, nahm aber erst danach an Fahrt auf. Da entstand also eine Angebotsschere zwischen der Hauptstadt und dem Rest des Landes. Eine neue Wohnung in Berlin zu finden, wurde durch den Mietendeckel schwieriger.
Haben Sie eine Erklärung dafür?
Eine Hypothese lautet, dass Besitzer ihre Mietwohnungen nach der Deckel-Ankündigung in Eigentumswohnungen umgewandelt haben. Dafür spricht, dass die Anzahl der Verkaufsannoncen im selben Zeitraum stark gewachsen ist. Auch das war in den anderen Städten nicht der Fall. Eine andere plausible Erklärung liefern sogenannte Lock-In-Effekte. Wenn ich als Mieter in den Genuss einer regulierten Wohnung komme, die dank eines Deckels niedrige Mietpreise hat, dann will ich natürlich nicht ausziehen.
Der Mietendeckel hat zumindest temporär zu einer Entlastung der Bestandsmieter geführt, die in den Genuss dieser Regulierung gekommen sind. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Deckel hatte gleichzeitig eine Menge unerwünschter Nebeneffekte. Das hätte den Planern ein Blick in die ökonomische Literatur übrigens auch zeigen können. Die Folgen von Mietregulierungen sind gut dokumentiert, die Ergebnisse beziehen sich aber meist auf die USA. In den 1990er-Jahren in San Francisco sah man bei vorgegebenen Höchstpreisen ähnliche Auswirkungen.
Sie beschreiben in Ihrer Studie auch Effekte auf Wohnungen, die gar nicht unter den Mietendeckel gefallen sind?
Richtig, wir haben auch Wohnungen untersucht, die erst nach dem 1. Januar 2014 bezugsfähig wurden und damit nicht Teil des Deckels waren. Nach dessen Einführung 2020 stiegen die Preise dieser Wohnungen in Berlin stark an. Auch hier könnte die Knappheit an Wohnraum eine Erklärung liefern. Die Konkurrenz um die wenigen Angebote im regulierten Segment stieg sprunghaft an. Ein Nachfrageüberhang also. Die Menschen mussten mieten, was zur Verfügung stand, also auch auf das unregulierte Segment ausweichen.
„Mietendeckel führen zu äußerst unerwünschten Nebeneffekten“ - WirtschaftsWoche
Ob nun Steinmeiers Ausladung, ein untergetauchter Bundeskanzler oder eine Verteidigungsministerin, die in völlig unpassender Kleidung inklusive hohen Absätzen durch einen Truppenbesuch in Mali stöckelt, die Hand wandert automatisch an den Kopf. Wir leisten uns im Moment eine Peinlichkeit nach der anderen. Der Ruf Deutschlands im Ausland nimmt schweren Schaden. Dazu trägt auch bei, dass die versprochenen Waffenlieferungen an die Ukraine nicht in die Gänge kommen.
Auch die Tragikomödie um deutsche Waffenlieferungen für die Ukraine ist Ergebnis dieses fehlenden Ernstes. Das fing an mit den 5.000 Helmen, die am 26. Januar von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht als "ganz deutliches Signal" der Solidarität mit der Ukraine angekündigt, vom ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk aber als "nicht einmal ein Trostpflaster" gewertet und erst einen Monat später auf den Weg gebracht wurden. Vier Wochen, um 5.000 Helme zu liefern?
Als die Lkw mit den Helmen am 26. Februar Richtung Ukraine zuckelten, war die Lage eine andere. Russland hatte die Ukraine zwei Tage zuvor überfallen. Am 27. Februar stellte Olaf Scholz im Bundestag eine "Zeitenwende" fest, kündigte eine Aufrüstung der Bundeswehr an und versprach auch Waffenlieferungen an die Ukraine. Das Problem ist nur: Scholz hat seine Verteidigungsministerin nicht danach ausgesucht, ob sie den Anforderungen der Zeitenwende gewachsen ist, sondern nach dem Parteienproporz.
Und so verwundert es kaum, dass es von Anfang an mit der Lieferung von Waffen an die Ukraine haperte. Wie manche Familien, die mit großzügiger Geste abgelegte Kleidung und kaputtes Spielzeug an Flüchtlingsfamilien abgeben, wollte Lambrecht der Ukraine vor allem ausrangiertes Gerät liefern: D-30-Haubitzen und Strela-Flugabwehrraketen, beides aus sowjetischer Produktion und aus Beständen der DDR-Volksarmee. Über die 1968 entwickelte Strela heißt es in einem internen Vermerk der Bundeswehr vom November 2021: "Aufgrund der Überalterung des Raketenmotors ist der Flugkörper 'Strela' nicht mehr handhabungssicher, kann also nicht mehr verschossen werden." Deswegen sei bereits 2014 die Vernichtung angewiesen worden. Wozu man acht Jahre lang nicht gekommen war. Doch schon die Kisten, in denen die Raketen lagerten, waren so verschimmelt, dass sie nur mit Schutzkleidung angefasst werden durften. Am Ende wurden statt der versprochenen 2.700 nur 500 Strela der Ukraine übergeben. Wahrscheinlich war das auch gut so.
Es kommt noch schlimmer. Gerade jetzt, wo der erste russische Großangriff – ohne große Hilfe aus Deutschland – abgewehrt wurde, die ukrainische Armee zur Gegenoffensive übergeht und sich eine Artillerie- und Panzerschlacht im Osten der Ukraine abzeichnet, bittet die Ukraine händeringend um 100 Marder-Schützenpanzer. Bisher lehnt das die Bundesregierung ab. Die Panzer könnten nur aus dem Bestand der Bundeswehr geliefert werden, was die Sicherheit Deutschlands kompromittieren würde, heißt es.
Ein merkwürdiges Argument. Wenn irgendetwas die Sicherheit Deutschlands gefährdet, so wäre es ein Sieg Russlands in der Ukraine. Wenn irgendetwas Deutschlands Sicherheit stärkt, wären es weitere russische Verluste. Hinzu kommt, dass 100 Marder beim Hersteller Rheinmetall zur Generalüberholung herumstehen. Die in die Ukraine gelieferten Panzer der Bundeswehr könnten aus diesen Beständen also ersetzt werden. Rheinmetall behauptet, für die Generalüberholung ein Jahr zu brauchen. Da wäre es Aufgabe der Verteidigungsministerin, den allzu gemächlich arbeitenden Managern Beine zu machen oder den Auftrag der Generalüberholung zu stornieren. Stattdessen verweigert sie der Ukraine, die Waffen, die sie braucht, um den Krieg von den Grenzen der Nato fernzuhalten. Es ist beschämend.
Nicht zuständig, nicht in der Lage, nicht willens: Ein Bundeskanzler, der sich zuständig fühlte für die größte Krise des Landes seit dem Mauerfall und der willens wäre, der Ukraine so zu helfen, wie sie es verdient, hätte längst statt eines Corona-Krisenstabs mit einem General an der Spitze einen Ukraine-Krisenstab mit seinem Kanzleramtsminister an der Spitze eingerichtet, in dem Vertreterinnen der wichtigsten Ministerien zusammenarbeiten, statt sich per Interviews und Bundestagsreden gegenseitig zu kritisieren und sich selbst die Nichtzuständigkeit zu bescheinigen. Scholz aber scheint von dem Gedanken besessen, den Krieg mit minimalem Einsatz zu überstehen, den Bürgern möglichst wenig zuzumuten und möglichst schnell zu business as usual zurückzukehren. Ja, seine Redenschreiber haben ihm das mit der "Zeitenwende" untergeschoben; aber danach handeln? Nö. Der Kanzler hat genau die Verteidigungsministerin, die er verdient.
Zum Ende der Rubrik Hörenswertes: Micky Beisenherz spricht mit Ileana Grabitz und Marc Brost über Twitter, Talkshows und ihn selbst als "das schöne Gesicht des Bullshits”.
Die Empörungsgesellschaft: Warum haben wir das Zuhören verlernt?
Kultur
Die bald beginnende Documenta 15 ist seit einiger Zeit in der Kritik, weil dort ausstellende Künstler der antisemitischen BDS-Bewegung nahestehen. Auch hier war das bereits Thema. Stefan Laurin hat sich in gewohnter Klarheit dazu geäussert.
Kunstfreiheit ist ein hohes Gut und sie ist in Deutschland nicht gefährdet. Auch BDS-Anhänger haben das Recht, ihre Bilder auszustellen und auf Bühnen aufzutreten. Allerdings hat der Staat auch das Recht, darüber zu entscheiden, wen er mit den Steuergeldern der Bürger finanziert und wen nicht. Und wenn er Antisemitismus und Antisemiten nicht mit den Mitteln aus dem staatliche Füllhorn bedenken will, ist das gut nachvollziehbar. All den vermeintlichen Verteidigern der Kunst geht es im Kern nur darum, weiterhin ungestört und unhinterfragt öffentliche Mittel ausgeben zu können. Die Begeisterung für den multiperspektivischen Austausch ist nur groß, wenn es um Israel oder die Einschätzung der Shoah geht. Sie dürfte deutlich geringer ausfallen, wenn man über unterschiedliche Finanzierungsperspektiven der von ihnen propagierten Kunst jenseits öffentlicher Mittel diskutieren würde. Warum soll eine angeblich weltweit bedeutende Kunstausstellung sich nicht privat finanzieren? Sicher, auch der Kunstmarkt litt unter Corona, aber mit einem globalen Umsatz von 50 Milliarden Euro ist die Branche immer noch wirtschaftlich leistungsfähig.
Documenta: “BDS ist eine breite und vielschichtige Bewegung” - Ruhrbarone
Coverversion der Woche: Nouvelle Vague - I’m Stranded (feat. Chris Bailey)
Vor fünf Tagen starb Chris Bailey, Sänger der leider völlig unterschätzten Band The Saints, die 1976 als erste Punkband außerhalb der USA und vor allen Bands dieser Richtung in Großbritannien ihre Debütsingle “I’m Stranded” veröffentlichten. Nouvelle Vague, die für ihre Coverversionen bekannt sind, veröffentlichten ihre Version, auf der Chris Bailey auch singt, im Jahr 2009 auf dem Album “3”.
Der Song wurde von Gitarrist Ed Kuepper und Sänger Chris Bailey geschrieben und auf dem bandeigenen Label Fatal Records veröffentlicht. Die bei Sammlern begehrte Erstauflage der Single betrug 500 Stück. In Großbritannien, wo sie zunächst nur als Import erhältlich war, bekam sie überwiegend schlechte Kritiken. Trotzdem wurde die Band im November 1976 von EMI in Großbritannien zu einem Vertrag über drei Alben verpflichtet.
Die Single wurde dann am 31. Dezember 1976 in Großbritannien offiziell veröffentlicht. Heute gilt das Stück als wegweisend. Wenn man es hört, weiß man auch, wovon sich die Buzzcocks haben inspirieren lassen. So ist es ja oft. Ruhe in Frieden, Chris.
Epilog
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