Marcellus Maximus meint. - Ausgabe #54
Tja, nun ist Deutschland raus. Ich interessiere mich eigentlich schon sehr lange nicht mehr für Fußball, weil inzwischen alles aus dem Sport und dem Drumherum herausgesäubert wurde, was ursprünglich einmal den Reiz für mich ausgemacht hat. Als die EM begann, habe ich mich deshalb auch eher widerwillig zum Anschauen des Spiels Deutschland gegen Portugal bewegen lassen. Und auf einmal, war es wieder da, das Kribbeln. Auf die Begegnung Deutschland-England hatte ich mich dann richtig gefreut, denn diese Paarung war schon immer eine Explosive. Was dann allerdings an Trauerspiel über den Bildschirm flimmerte, war so enttäuschend, dass ich mich in meiner bereits lange zurückliegenden Entscheidung, Fußball nicht mehr aktiv zu verfolgen, bestärkt sah und beschloß, es bei diesem kurzen Intermezzo zu belassen.
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Nun aber los.
Heute geht es unter Anderem um Doppelmoral, Phantasiebegriffe und Unparteilichkeit.
Politik und Gesellschaft
Dass wir uns mitten im Wahlkampf befinden, merkt man auch an der Doppelmoral, die sich in bestimmten Diskussionen zeigt. Ein gutes Beispiel ist die Diskussion darüber, dass der Plagiatssucher Dr. Stefan Weber in Annalena Baerbocks Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ zahlreiche Textplagiate entdeckte. Natürlich war die Empörung auf grüner Seite groß. Allerdings nicht darüber, dass die Kanzlerkandidatin damit erneut Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung nährt, sondern darüber, dass darüber berichtet wurde. Schnell wurde das Ganze als “rechte Medienkampagne” verunglimpft, ohne zu beachten, dass mitnichten nur “rechte” Medien kritisch berichteten. Ebenfalls wohlweislich ignoriert wurde, dass genau dieser Stefan Weber bereits zahlreiche Plagiate von Politikern anderer Parteien aufdeckte, was damals von den Grünen bejubelt wurde. Solange das Feindbild stimmt, sind solche Enthüllungen willkommen. Wenn aber derselbe Plagiatsjäger Plagiatsvorwürfe gegen Baerbock öffentlich macht, wird er bekämpft.
Dr. Jochen Zenthöfer hat sich das Buch genauer angesehen und entdeckt peinliche Fehler.
Kurz darauf heißt es: „Der Reichstag erinnert auch an die schlimmste Zeit der deutschen Geschichte. Hier wurde das Ermächtigungsgesetz beschlossen, mit dem die Demokratie sich selbst abschaffte und eine Diktatur begründete.“ Allerdings wurde das Ermächtigungsgesetz im März 1933 in der Krolloper beschlossen, da das Reichstagsgebäude nach dem Reichstagsbrand nicht benutzt werden konnte. Zwar könnte Baerbock die Institution „Reichstag“ als Vorläufer des Bundestages meinen, allerdings lassen die Gebäudebeschreibungen eher den Schluss zu, dass sie den Ort „Reichstag“ mit einem Ereignis assoziiert, das hier nicht stattgefunden hat.
An anderer Stelle beschäftigt sich Baerbock mit den Schengener Abkommen. Die ersten Abkommen wurden 1985 an Bord des luxemburgischen Schiffs Princesse Marie-Astrid beschlossen. Baerbock meint fälschlicherweise, dass Spanien und Portugal bei den ersten Ländern dabei gewesen sind und verlegt das historische Treffen zugleich eine Dekade nach hinten auf das Jahr 1995. Wie kann man einen solchen Fehler machen? Grund könnte ein missverständlicher Eintrag bei Wikipedia sein. Dort heißt es unter dem Stichwort „Schengen-Raum“: „Orientiert am Merkmal des Wegfalls der Personenkontrollen an den Binnengrenzen in Anwendung des Schengen-Besitzstands gehören folgende Länder und Gebiete zum Schengen-Raum: Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal und Spanien (seit 26. März 1995).“ Dabei bezieht sich die Angabe der Jahreszahl nur auf die beiden letztgenannten Länder.
Auch bei einer außenpolitischen Frage ist Baerbock nicht trittsicher. Sie schreibt auf Seite 203: „George Bush senior hat Deutschland schon 1991 ein solches ,Partners in Leadership' angeboten. Für die frisch wiedervereinigte Bundesrepublik war das damals allerdings zu Recht nicht denkbar.“ Bis heute zugängliche Berichte zeigen aber, dass Bush dieses Angebot schon 1989, vor dem Mauerfall, machte und 1990 wiederholte – dies zeigt eine Rede, deren Manuskript auf der Webseite der US-Botschaft in Deutschland auffindbar ist.
Die wahren Mängel in Baerbocks Buch - Cicero
Ein weiterer Punkt betrifft Parteispenden. Eine Gruppe um den Unternehmer Frank Thelen hat 500.000 Euro an die FDP gespendet. Bereits Ende April spendete Georg Kofler 750.000 Euro. Dies wird nun von den Grünen skandalisiert, obwohl es sich dabei um normale Vorgänge handelt. Die FDP ließe sich kaufen, heisst es. Besonders pikant wird es, wenn man sich anschaut, dass die Partei der Empörten bisher die höchsten Einzelspenden aller Parteien bekommen hat. Wenn man kurz das hohe moralische Ross besteigt, auf dem die Grünen sitzen und aus dieser Position untersucht, mit was die Spender ihr Geld verdienten, wird es noch interessanter: Kunststoff- und Verpackungsindustrie, Gefahrenguttransporte radioaktiver Stoffe, Pharmaindustrie, die von den Grünen als klimaschädlich diffamierte Kryptowährung Bitcoin und Vermögens-/Steuerberatung. Möge jeder selbst beurteilen, wie er das einschätzt.
Ich kann mich noch sehr gut an die Hefte der Bundeszentrale für politische Bildung erinnern, die ich in der Schule ausgehändigt bekam. Auf mich wirkte das alles immer sehr eingestaubt, aber seriös. Seit einiger Zeit häuft sich allerdings die Kritik an der Institution.
Als dem Bundesinnenministerium nachgeordnete Behörde verfügt die bpb im Haushaltsjahr 2021 über einen Etat von 97 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 musste die bpb noch mit knapp 34 Millionen auskommen. Die sanften Propagandisten nutzen diese üppige Ausstattung unter anderem zur Finanzierung zahlreicher fragwürdiger Videokanäle wie SayMyName, deren Inhalte sich teilweise zwischen infantilem Blödsinn und überkandideltem Unfug bewegen.
Auch das Narrativ von der deutschen Kartoffel als abwertende Bezeichnung für Menschen ohne Migrationshintergrund wird auf diesem Weg befeuert. So wirbt SayMyName schon mal auf seiner Instagramseite für ein Buch des Journalisten Mohamed Amjahid, das sich als „Anleitung zu antirassistischem Denken“ versteht, indem es deutschen Kartoffelmenschen in Aussicht stellt, bei entsprechendem Wohlverhalten zur Süßkartoffel aufzusteigen.
Über die bpb und ihre Fördertöpfe wächst nicht nur die ominöse „Zivilgesellschaft“, vertreten durch ausgewählte YouTuber, langsam mit der Regierung zusammen, sondern auch die Presse. Die Neuen Deutschen Medienmacher, welche sich laut einem Bericht der NZZin den beiden vergangenen Jahren über eine Unterstützung von 75.888 Euro aus den Töpfen der bpb freuen konnten, machen es längst vor. Dieselbe Organisation war es auch, die durch ihre alljährliche Verleihung der „Goldenen Kartoffel“ eine neue Form der Diskriminierung hoffähig machte.
Der immer weiter um sich greifende Eindruck, im falschen Film zu leben, geht somit auch auf die konsequent spalterischen Aktivitäten der bpb zurück. Ihre sukzessive Entwicklung vom seriösen Anbieter neutral recherchierter Hintergrundinformationen zur ideologisch agierenden Propagandabehörde mit über 300 Mitarbeitern ist tragisch und inakzeptabel.
Dass nun auch noch das BVerfG mit an Bord ist, beschädigt die bisher als unantastbar geltende Autorität der obersten Verfassungshüter erheblich. „Die Richter des Bundesverfassungsgerichts verhalten sich innerhalb und außerhalb ihres Amtes so, dass das Ansehen des Gerichts, die Würde des Amtes und das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Integrität nicht beeinträchtigt werden“, lautet eine der grundlegenden Verhaltensleitlinien für Verfassungsrichter.
Ein Anspruch, hinter dem die Institution in ihrer Gesamtheit nicht zurückstehen sollte.
Bundeszentrale für politische Blödheit - Cicero
Im Zusammenhang mit der brutalen Tat in Würzburg liest man von Autoren, die von den Aspekten der Tat ablenken möchten, die nicht in ihr Weltbild passen, den Begriff “Toxische Männlichkeit” als Faktum. Zur Einordnung sei darauf hingewiesen, dass dieser Begriff sich auf das englische “Toxic Masculinity” bezieht. Bei diesem handelt es sich um ein unbelegtes Konzept, welches auf dem ebenfalls unbelegten Konzept der “Hegemonic Masculinity” basiert. Mit diesem werden negative Wesenszüge, die jeder Mensch haben kann, willkürlich einer Form der Männlichkeit zugeschrieben. Dies ist aber weder validiert, noch lässt sich der gesamte theoretische Bezugsrahmen falsifizieren. Mit Wissenschaft hat das nichts zu tun.
Jasper von Altenbockum hat einen lesenswerten Kommentar geschrieben.
In der unmittelbaren Aufarbeitung eines Blutbads mit Migrationshintergrund fällt jedoch auf, dass es ein unterschwelliges Bedürfnis nach Beruhigung gibt, die darin besteht, den Täter für unzurechnungsfähig erklären zu können. Denn in der deutschen Gesellschaft scheint immer dann etwas zu zerbrechen, wenn sie sich einzugestehen hat, dass nicht die Verrücktheit eines Einzeltäters die Ursache eines „Amoklaufs“ ist, sondern eine angeblich bessere Welt, in der Migration für neue Vielfalt sorgt.
Zu dieser Vielfalt gehört aber nicht nur das Gute, das Bereichernde, sondern auch das Böse, das Verrückte. Würzburg und zahlreiche andere „Vorfälle“ sind dafür die Zeichen, auf die Deutschland keine Antwort findet. Die bestünde im Abschied von Illusionen.
Da der Vorwurf des Ressentiments schnell bei der Hand ist, vermeiden deutsche Politiker das Thema und überlassen es fatalerweise der AfD. Auch jetzt werden wieder Gefühle geschürt, die Radikalismus mit Radikalismus beantworten wollen.
Es ist zu befürchten, dass es wieder einmal dabei bleibt, diesen Weg aus gutem Grund zu verurteilen, ohne einen anderen zu weisen. Der müsste dafür sorgen, dass nicht nur extremistische Inländer durch ein breites politisches und gesellschaftliches Bündnis in ihre Schranken gewiesen werden, sondern auch „verrückte“ Ausländer.
Abschied von Illusionen - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Zum Ende der Rubrik wieder Hinweise auf Sehens- bzw. Hörenswertes. Serdar Somuncu hatte Dietrich Brüggemann, dessen Gastartikel im Tagesspiegel ich hier bereits zum Thema gemacht hatte, in seiner Sendung zu Gast und ließ ihn nicht vom Haken. Ein wirklich gutes Interview.
Bei aller berechtigter Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk darf nicht unerwähnt bleiben, dass es auch richtig gute Formate gibt. Dazu gehört “STRG_F”, deren Dokumentationen mir schon einige Male positiv aufgefallen sind. In dieser geht es um den ehemaligen Neonazi Ingo Hasselbach. Ich verfolge den Weg diese Mannes schon länger. Sein Ausstiegsbuch las ich bereits als Jugendlicher.
Kultur
Coverversion der Woche: Kate Walsh - Beetlebum
Seit dem ersten Album war es bezüglich Blur um mich geschehen. Schon bevor es den Begriff “Britpop” gab, war ich ein großer Anhänger der Band. Leider kippte das im Laufe der späten 90er spätestens zu dem Zeitpunkt, als Blur - wahrscheinlich ohne es zu wollen - mit einem auf nahezu jedem ihrer Alben enthaltenen Punkkracher, in diesem Fall “Song 2” - Abipartyunsterblichkeit erlangten. Auf dem selbstbetitelten Album, welches diesen heute unhörbaren Song enthielt, befanden sich allerdings auch Perlen. Eine davon ist “Beetlebum”, welches sich musikalisch stark an die Beatles anlehnt. Noch stärker an die Beatles erinnert mich die Coverversion von Kate Walsh, was wahrscheinlich an den Streichern liegt.