Marcellus Maximus meint. - Ausgabe #30
Der Newsletter meldet sich aus den Weihnachtsferien zurück. Hoffentlich hatten Sie alle schöne Weihnachtstage und sind gut ins neue Jahr gekommen. Mir hat die Zeit trotz der veränderten Umstände wieder sehr gut getan. Besonders gefällt mir, dass alles stillzustehen scheint. Man kann entschleunigen und durchatmen.
Natürlich läuft das nicht überall so. Bei Twitter taten mir diejenigen leid, die es noch nicht einmal zwischen den Jahren schafften, von Dauerempörung und maximaler Lautstärke herunterzukommen. Das Medium wird auch weiterhin für differenzierten Diskurs ungeeignet sein. Nur Lautsprecherei und Kontroverse bringen Aufmerksamkeit. Differenzierung und Abwägung gehen im allgemeinen Gekreische unter. Bei manchen kann man auf Basis der Beiträge vorhersehen, dass sie einmal frustrierte Rentner sein werden, die entweder den ganzen Tag aus dem Fenster gucken und Falschparker bei der Polizei melden oder unkontrolliert Passanten anschreien.
Dazu kommt, dass zwar viele behaupten, für andere Meinungen offen zu sein, aber nur die wenigsten sie wirklich aushalten. Das ist aber auch offline so. Es sind in den letzten Jahren manche Bekanntschaften auf der Strecke geblieben, weil sich einige aufgrund fortgeschrittener Radikalisierung dafür entschieden hatten, nur noch mit Menschen zu kommunizieren, die genauso denken wie sie. Mir ist das fremd, ich war schon immer an einem großen Meinungsspektrum interessiert, aber Reisende soll man eben auch ziehen lassen, um mal eine Floskel zu verwenden.
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Nun aber los.
Heute geht es unter Anderem um Demokratie, Rassismus und Kultur.
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Politik und Gesellschaft
Bezüglich der Erstürmung des Kapitols durch einen Mob von Trump-Anhängern, bei der mindestens fünf Personen ums Leben kamen, muss ich als Erstes eine Fehleinschätzung einräumen. Ich hätte niemals gedacht, dass es soweit kommen würde.
Immer wenn behauptet wurde, Trump würde seinen Posten nicht freiwillig räumen, sich eventuell unter Zwangsmaßnahmen aus dem Weißen Haus eskortieren lassen oder gar einen Staatsstreich planen, habe ich das als groteske Übertreibung verworfen. Meiner Meinung nach deutete auch nichts auf eine Eskalation in diesem Ausmaß hin.
Denjenigen, die nun behaupten, sie hätten das ja schon immer vorhergesehen, kann ich allerdings entgegnen, dass dies mitnichten der Fall ist, sondern dass sie sich lediglich aus einer großen Zahl an Möglichkeiten des Verlaufs zufällig die Richtige ausgesucht haben.
Was mich gefreut hat ist, dass sich lagerübergreifend das anständige Amerika zu Wort gemeldet und diese Unglaublichkeit verurteilt hat. Mehrere Präsidenten, wie Barack Obama, George W. Bush und Jimmy Carter haben sich positioniert und klargemacht, dass dieser Vorgang inakzeptabel ist und Trump dafür die alleinige Verantwortung trägt. Aber nicht nur Präsidenten haben sich geäussert. Besonders hervorheben möchte ich zwei Reden, die zeigen, dass die Republikaner eben nicht mit Trump gleichzusetzen sind.
Da wäre einmal die Rede von Mitt Romney:
Nicht minder interessant waren die Worte des engen Trump Vertrauten und Mehrheitsführers im Senat, Mitch McConnell, der sich viel zu spät, aber dafür umso deutlicher von Trump distanzierte und die richtige Entscheidung traf. Er wies auch auf eine gewisse Doppelmoral bezüglich der Empörung über das Anzweifeln eines Wahlergebnisses und politischer Kultur hin.
Die Demokraten haben nach der Wahl 2004 das Ergebnis ebenfalls ohne Beweise angezweifelt und seit der Wahl 2016 arbeiteten weite Kreise der Demokraten und der ihnen gewogenen Medien mit vereinten Kräften daran, den ihnen nicht genehmen Präsidenten zu delegitimieren. Diese Art des Umgangs ist inzwischen leider auf beiden Seiten zur Normalität geworden.
Amerikas Demokratie ist stark und wird auch diese Krise überleben. Entgegen aller Vorhersagen, haben die “Checks and Balances” während Trumps Präsidentschaft perfekt funktioniert. Besonders fällt mir aber auf, dass die Kreise, welche sich jetzt am Lautesten empören die sind, welche im Sommer die wochenlangen “Black Lives Matter”-Ausschreitungen verharmlost oder beschwiegen haben. So geht es eben auch nicht. Solche Dinge sind per se zu verurteilen.
Die Empörung der AfD ist ebenfalls scheinheilig, war sie es doch, die erst kürzlich Randalierer in den Bundestag eingeschleust hat, um Abgeordnete zu bedrohen.
Dass Twitter und Facebook Trump nun gesperrt haben, mag man in Bezug auf die Situation richtig finden. Man muss sich aber auch im Klaren darüber sein, dass dies eine Zäsur ist und dieses Mittel in Zukunft wahrscheinlich regelmäßig eingesetzt werden wird, wenn die Konzerne meinen, es ginge um die "gute" Sache.
In den letzten Jahren entwickeln sich unter dem Banner des Antirassismus immer mehr rassistische Denkmuster. Eine junge Sozialdemokratin beklagt sich darüber, dass Medienhäuser angeblich nur Weiße auf ihren Bestenlisten gewürdigt werden und möchte zukünftig nicht mehr auf “rein weißen” Listen auftauchen. Abgesehen davon, dass das nicht stimmt, ist das natürlich Rassismus.
Ferda Ataman, Vorsitzende des Lobbyvereins “Neue Deutsche Medienmacher” fordert in der ZEIT, es dürfe keine Talkshows mehr geben in denen nur weiße Gäste säßen. Auch rassistisch.
Die verrückteste Forderung, die ich in letzter Zeit gelesen habe, ist allerdings die einer Schwarzen, dass gemischtrassige Menschen sich nicht mehr als “schwarz” bezeichnen sollen, weil sie keine reinrassigen Schwarzen seien. Was wäre mir erspart geblieben, wenn ich die Nazi-Skinheads in den 90er Jahren einfach freundlich darauf hingewiesen hätte, dass ich gar kein Schwarzer bin. Dazu fällt mir echt nichts mehr ein.
Zum Thema Rassismus passt auch das Schreiben des "„Black Voices Volksbegehren“ an die Katholische Jungschar, doch bitte auf das Dunkelschminken bei den Sternensingern zu verzichten, weil es sich dabei um rassistisches “Blackfacing” handele. Diese Behauptung kommt auch regelmäßig in Deutschland auf. Das ständige Wiederholen macht sie allerdings nicht zur Tatsache. Fakt ist, dass für Blackfacing die Herabsetzung oder das Lächerlichmachen entscheidend ist. Das ist hier nicht der Fall. Im Gegenteil. Ich frage mich immer, ob diese Aktivisten das nicht wissen, oder wider besseres Wissen die Unwahrheit verbreiten. Völlig absurd ist auch die als Motivation gedachte Aussage, dass durch das Weglassen des Schminkens auf die verschiedenen ethnischen Hintergründe der Sternensinger hingewiesen würde. Also wieder Diversity. Dass die Sternensinger nun einmal bestimmte Ethnien hatten und es sich um eine Verkleidung handelt, mit der das nachgestellt werden soll, wird hier einfach für irrelevant erklärt. Mit der Argumentation kann man in Zukunft auch bei der Neuverfilmung von “Der Untergang” die Rolle Hitlers von einem Japaner spielen lassen und bei Filmen über Sklaverei in den USA Schweden und Norweger auf die Felder schicken.
Im Gespräch mit religion.ORF.at erklärte der Vorsitzende der Katholischen Jungschar, Martin Hohl, Gesprächsbereitschaft über die Praxis, die auch bei ihnen schon vor längerer Zeit einen Nachdenkprozess ausgelöst habe. Wichtig war es Hohl zu betonen, dass es bei der Dreikönigsaktion um Kinder gehe, die sich für andere Kinder im globalen Süden einsetzen. Das habe mit Rassismus nichts zu tun. Hinter dem Brauch stecke jedenfalls „keine rassistische Absicht“. Die Katholischen Jungschar sei gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung.
Kritik an Gesichtschwärzen bei Sternsingern - ORF
Bundesumweltministerin Svenja Schulze setzt sich für eine “sozial gerechte”, also paritätische Aufteilung der Heizkosten zwischen Mieter und Vermieter ein. Angeblich helfe das auch dem Klimaschutz.
Zugespitzt formuliert soll sich jetzt also ein Vermieter, der auf Kredit ein Haus gekauft hat, sich an den Heizkosten der Unternehmensberaterin und des Chirurgen beteiligen, an die er es vermietet hat. Woher soll das Geld kommen und vor Allem: Was ist daran sozial gerecht?
Eine der vielen unsinnigen Ideen, wegen derer die SPD dort steht, wo sie steht. Gespeist wird diese natürlich von der nachweislich falschen Prämisse, alle Vermieter seien „reich“. Das ist Populismus aus dem Bilderbuch. Erst werden die Menschen mit hohen zusätzlichen Abgaben belastet und dann sucht man die Schuld bei anderen.
Es ist nicht zu erklären, warum Vermieter etwas ausbaden sollen, für das sie gar nicht verantwortlich sind.
Nick Cave betreibt seit einiger Zeit das Portal “The Red Hand Files”, auf dem ihm Fans Fragen stellen können, die er dann öffentlich beantwortet. Es war hier bereits Thema, weil er sich auch zu vielen Dingen äußert, die für diesen Newsletter relevant sind. Cave gehört zu den wenigen im Musikgeschäft, die sich trauen, öffentlich Meinungen zu vertreten, die dem dort herrschenden Konsens widersprechen. Ich hatte hier im Dezember das Lied “Fairytale Of New York” der Pogues erwähnt, als es wieder einmal darum ging, dass es von manchen Sendern wegen seines rustikalen Texts gar nicht mehr bzw. in einer zensierten Version gespielt wird.
Cave wurde gefragt, wie er das Ganze sieht und die Antwort liest sich erfrischend vernünftig.
Truly great songs that are as emotionally powerful as Fairytale of New York are very rare indeed. Fairytale is a lyrical high wire act of dizzying scope and potency, and it rightly takes its place as the greatest Christmas song ever written. It stands shoulder to shoulder with any great song, from any time, not just for its sheer audacity, or its deep empathy, but for its astonishing technical brilliance.
One of the many reasons this song is so loved is that, beyond almost any other song I can think of, it speaks with such profound compassion to the marginalised and the dispossessed. With one of the greatest opening lines ever written, the lyrics and the vocal performance emanate from deep inside the lived experience itself, existing within the very bones of the song. It never looks down on its protagonists. It does not patronise, but speaks its truth, clear and unadorned. It is a magnificent gift to the outcast, the unlucky and the broken-hearted. We empathise with the plight of the two fractious characters, who live their lonely, desperate lives against all that Christmas promises — home and hearth, cheer, bounty and goodwill. It is as real a piece of lyric writing as I have ever heard, and I have always felt it a great privilege to be close friends with its creator, Shane MacGowan.
Now, once again, Fairytale is under attack. The idea that a word, or a line, in a song can simply be changed for another and not do it significant damage is a notion that can only be upheld by those that know nothing about the fragile nature of songwriting. The changing of the word ‘faggot’ for the nonsense word ‘haggard’ destroys the song by deflating it right at its essential and most reckless moment, stripping it of its value. It becomes a song that has been tampered with, compromised, tamed, and neutered and can no longer be called a great song. It is a song that has lost its truth, its honour and integrity — a song that has knelt down and allowed the BBC to do its grim and sticky business.
I am in no position to comment on how offensive the word ‘faggot’ is to some people, particularly to the young — it may be deeply offensive, I don’t know, in which case Radio 1 should have made the decision to simply ban the song, and allow it to retain its outlaw spirit and its dignity.
In the end, I feel sorry for Fairytale, a song so gloriously problematic, as great works of art so often are, performed by one of the most scurrilous and seditious bands of our time, whose best shows were so completely and triumphantly out of order, they had to be seen to believed.
Yet, time and time again the integrity of this magnificent song is tested. The BBC, that gatekeeper of our brittle sensibilities, forever acting in our best interests, continue to mutilate an artefact of immense cultural value and in doing so takes something from us this Christmas, impossible to measure or replace. On and on it goes, and we are all the less for it.
What is your view on the BBC ‘amendments’ to Fairytale of New York? - The Red Hand Files
Linda Teuteberg, eine klassische Liberale, von deren Sorte es deutlich mehr in der FDP bräuchte, hat in einem Interview mit der FAZ einige kluge Sätze gesagt. Leider werden die in der Partei ungehört verhallen.
Als Kind habe ich in der DDR noch erlebt, was Sozialismus anrichtet, wie marode die ostdeutsche Industrie und Innenstädte aussahen, wie die Natur geschunden wurde. Besonders für den Umweltschutz ist Sozialismus eine Katastrophe. Er führt zum Leben von der Substanz bei ständigem Mangel. Er macht arm, nicht frei. Das hat die Geschichte hinlänglich bewiesen und ist bis heute in Venezuela zu besichtigen. Wenn jetzt viele Corona nutzen, um auf die Marktwirtschaft einzuschlagen, dann befeuern sie nur die antikapitalistischen Ressentiments, die sie vorher schon gepflegt haben. Die Sehnsucht nach Plan- und Staatswirtschaft haben einige lange vor Covid-19 bedient. Die Enteignungsphantasien von Kevin Kühnert und Robert Habeck waren uns im Mai 2019 Anlass für eine aktuelle Stunde im Bundestag. Ernste Kampfansagen an unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung erfordern Antworten.
Klimaschutz ist eine ernste und zentrale Herausforderung, aber nicht das einzig wichtige Anliegen. Die Radikalität der Debatte ist Teil des Problems und nicht der Lösung. Wer das Phänomen des Klimawandels und menschlichen Anteils daran leugnet, liegt ebenso daneben wie diejenigen, die glauben, wir könnten in Deutschland allein das Weltklima retten.
Jede Institution, ob Partei oder Unternehmen tut gut daran, das Potential der Frauen zu nutzen. Eine vorgegebene Quote ist dafür allerdings nicht das richtige Instrument. Zugleich ist mehr Vielfalt kein Zufall, sondern eine Führungsaufgabe. In unserer Partei haben wir dazu Zielvereinbarungen für die unterschiedlichen Ebenen, schreiben aber nicht das Ergebnis von Wahlen vor. Im Übrigen schlage ich dringend vor, das Wort „Frauenförderung“ zu tilgen, da es suggeriert, dass Frauen sich im Wettbewerb nicht durchsetzen könnten.
Lasst uns das Wort Frauenförderung tilgen! - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Besonders zum Klimawandel kann ich nur zustimmen. Ich bezweifle auch, dass man ihn (wenn dem Menschen das überhaupt möglich ist) mit demokratischen Mitteln aufhalten kann. Die Frage ist nur, welchen Schluss man daraus zieht. Die Abschaffung der Demokratie zu fordern, weil der Zweck ja die Mittel heilige, ist brandgefährlich.
Kultur
Was ich seit den Einschränkungen durch COVID-19 besonders vermisse, sind Cafés. Zeitunglesen, Menschen beobachten, Menschen treffen, bereichernde Unterhaltungen. Das mochte ich schon immer. Bereits als junger Erwachsener habe ich, wenn die Zeit es zuließ, manchmal halbe Tage in Cafés zugebracht. Mal mit, mal ohne Freunde.
Nun sind zwei Bücher erschienen, die sich mit Kafeehauskultur beschäftigen und ich fürchte, dass ich beide haben muss.
In diesen Wochen, in denen der Kaffee im Pappbecher zum Mitnehmen pandemiebedingt erstmals eine halbwegs akzeptable Daseinsberechtigung erfährt, sind zwei reizvolle, höchst lesenswerte Bücher erschienen, die vom Kaffeehaus erzählen: schmal, konzentriert, hochliterarisch und frei von Abbildungen das eine; opulent, großformatig, dreihundert Seiten dick und reich bebildert das andere. „Im Romanischen Café“, ein von Brigitte Landes in der Insel-Bücherei herausgegebenes „Gästebuch“ der alten Berliner, 1943 ausgebombten Institution an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, ist eine Sammlung von Miniaturen und Textauszügen, während Christian Brandstätter in seinem Prachtband „Das Wiener Kaffeehaus“ auf eine dreihundertjährige Tradition zurückblickt: Bereits um 1730 soll es mehr als dreißig Kaffeehäuser in der Stadt gegeben haben. Im März 1938 waren es etwa zwölfhundert.
Wie das Kaffeehaus zur Lebensform wurde - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Am 04.01.1968 wurde der Film "Zur Sache, Schätzchen" mit Uschi Glas und dem genialen Werner Enke uraufgeführt. Ich werde das Wochenende nutzen, um ihn mir endlich mal wieder anzusehen.
Lachen konnte das Publikum über die beiden Taugenichtse Martin und Henry, die im Münchener Stadtteil Schwabing herum lungerten, Mädchen anmachten, jede Menge coole Sprüche auf den Lippen und Spaß daran hatten, die Polizei zu provozieren. Der Kritiker Helmut W. Banz schrieb damals für mehrere Tageszeitungen: "Das beste war, dass er nicht zwei Gammlertypen - Werner Enke und Henry van Lyck, die ein Mädchen aufgabelten: Uschi Glas - als verquere Außenseiter zeigte, sondern, dass der andere Blick, den sie auf die Realität hatten, plötzlich die Normalität des damals gesellschaftlich akzeptierten Lebens in Frage stellte, so dass der Zuschauer sich eigentlich in der Position sah, dass der Blick auf ihn zurückgeworfen wurde.
"Zur Sache, Schätzchen" - Der Spiegel
Tanya Roberts ist tot. Mit nur fünfundsechzig Jahren starb das ehemalige Bond-Girl, das aber noch viel mehr war, viel zu früh. Einen schönen Nachruf hat ihr Claudius Seidl gewidmet.
Die Engel, unter denen Tanya Roberts der am wenigsten engelsgleiche war, hatten als Agentinnen die Aufgabe, Verbrecher aufzuspüren. Zum Stil der Serie gehörte es aber, dass sie das in kürzesten Hot Pants, Röcken oder gleich im Bikini erledigten. Wenn man das heute wiedersieht, weiß man kaum, worüber man heftiger staunen soll: über die unverschämten Blicke der Kamera; oder darüber, dass Tanya Roberts in fast jeder Folge einen Mann verprügelt, der solche unverschämten Blicke auf sie wirft. Das war nicht die subversive Strategie feministischer Drehbuchschreiberinnen; es war nur der Versuch, beiden etwas zu geben: den Männern die Blicke und den Frauen die Freude an der Rache dafür. Dass es da einen Konflikt gab, wurde umso deutlicher sichtbar, und Tanya Roberts schien großes Vergnügen daran zu haben.
Die Freude an der Rache für unverschämte Blicke - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Eine lesenswerte Rezension ist auch die über die Autobiografie des Fotografen David Bailey, einem der wichtigsten Fotografen der 60er Jahre, dessen Bilder ich schon seit meiner Jugend hervorragend finde. Auch das Buch ist auf der Liste.
His journey to New York with the model Jean Shrimpton for a Vogue shoot in 1962 has taken on some of the legendary qualities of Lenin’s arrival at the Finland Station: a moment that ushered in a revolution. It is possible to overstate how innovative his technique was – Vogue exists to chronicle trends, rarely to set them – but its impact was epochal. Beforehand, the magazine’s pages had been dominated by stagey shoots in which haughty models struck stock poses such as ‘catching a butterfly’ and ‘hailing a cab’. By contrast, Bailey’s photos of Shrimpton showed her in naturalistic settings on grainy 35mm film. They aligned Vogue with a new spirit at large in the culture – in the guerrilla shooting style of the French Nouvelle Vague film-makers; in the grittiness of Kitchen Sink realism; and above all in the ‘Young Idea’, a nebulous term that was to come of age in a decade defined by youth. The clothes were almost incidental. It was, as he affirms more than once in this book, all about the girl.
Exposure time – David Bailey’s autobiography, reviewed - Apollo Magazine
Coverversion der Woche: Heather Nova - Like A Hurricane
Nachdem diese Woche bekannt wurde, dass der Investmentfonds Hipgnosis Songs Fund künftig 50 Prozent der Rechte an mehr als 1.000 Neil-Young-Songs hält, muss es natürlich auch ein Stück von Neil Young sein. Nie vergesse ich meine Begeisterung, als er 1993 bei den MTV Music Awards zusammen mit Pearl Jam “Rockin In A Free World” spielte. Ich habe mich aber für einen anderen Song entschieden, den ich auch mit MTV verbinde, weil die Orgelversion bei seinem ebenfalls 1993 aufgenommenen “Unplugged”-Konzert mit das Ergreifendste ist, was ich je gehört habe.
Unterschiedlicher können Versionen gar nicht sein, auch wenn die mit Pearl Jam näher am Original ist.
Das Stück schrieb er 1975 zusammen mit Taylor Phelps zu einer Zeit, als er aufgrund einer Stimmbandoperation nicht singen konnte. Warum nun ausgerechnet die Version von Heather Nova? Weil ich Heather Nova einfach schon immer grandios fand. Nur sie, eine Gitarre und ein guter Song. Da könnte ich ewig zuhören.