Prolog
Dass Taylor Swift in diesem Newsletter einmal Thema sein würde, hätte ich nicht gedacht. Nun wurden ihre Auftritte in Wien wegen der Gefahr eines islamistischen Terroranschlags abgesagt. Die Debatte dazu zeigt erneut, was im Diskurs schiefläuft. Der Elefant im Raum wird trotz aller vorliegender Fakten weiterhin beharrlich ignoriert. Eine Journalistin schrieb dazu:”180.000 Menschen, vor allem Frauen, wird Freude genommen, weil ein paar toxische Männer zu kleine Egos haben. Das ist Misogynie in Reinform. #taylorswift” Bei einem rechtsextremistisch motivierten Anschlagsplan würde man glasklar formulieren, das Wort "Islamismus" meidet man dagegen wie der Teufel das Weihwasser.
Ähnlich verhält es sich bei der Diskussion um durch Migration verursachte Probleme. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV beklagt in einem Interview mit der “Neue Osnabrücker Zeitung” steigende Gewalt in Arztpraxen. Bei den Vorfällen, die als “Nationen-übergreifendes Phänomen” (Wobei nicht klar ist, ob es sich dabei um einen Zusatz der NOZ oder eine Äußerung Gassens handelt.) beschrieben werden, horcht man auf und denkt sich seinen Teil. Wer Securityleute in Arztpraxen als neue Normalität komisch findet, dem werden die üblichen Verdächtigen in Zukunft erklären, dass seine Wahrnehmung falsch sei.
Die für jeden - für jeden sichtbare - negative Veränderung gesellschaftlicher Bereiche und des öffentlichen Raums werden rhetorisch geschickt verschleiert. Man spricht dann von "Partyszene" oder "Männergruppen" und behauptet, dass es diese Dinge (z.b. auch regelmäßige Massenschlägereien in Freibädern) schon immer gab. Das ist nicht nur Gaslighting in Reinform, sondern auch strategisch unklug. Auf diese Weise wird kein einziges Problem gelöst. Es herrschen die Zustände, welche man durch Relativierung und Leugnung zugelassen hat. Davon profitiert einzig und allein die AfD, über deren Wahlergebnisse man sich dann regelmäßig wundert. Das ist tragisch, denn der Aufstieg dieser Partei ist besorgniserregend.
Nur, wenn bestimmte Missstände unter Demokraten tabufrei diskutiert werden, können nachhaltige Lösungen gefunden werden, die zu dem führen, was jeder aufgeklärte Mensch möchte: Ein friedliches Zusammenleben verschiedener Nationen. Leider scheint man in manchen Kreisen eine immer stärkere rechtsextreme Gruppierung weniger schlimm zu finden, als das Hinterfragen der eigenen Glaubenssätze.
Aus aktuellem Anlass sei noch auf Folgendes hingewiesen: Ich bin kein Teil einer weltanschaulichen Gruppe und das wird auch so bleiben. Weder Onkel Tom-Sprechpuppe für Rechts, noch Bussibussi-Schwarzer für Links. Vereinnahmungsversuche sind nach wie vor zwecklos.
Nun aber los. Heute geht es unter anderem um Freiheit, Differenzierung und Gerechtigkeit.
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Politik und Gesellschaft
Die Idee der Freiheit wird von vielen Seiten diskreditiert. Journalisten rufen in Leitartikeln nach mehr Einschränkungen, in manchen Milieus wird freiheitliches Engagement als Vorbote des Faschismus dämonisiert. Auf der anderen Seite stehen Vulgärliberale, deren absolute Vorstellungen utopisch sind. Dieses infantile Freiheitsgekreische beleidigt den Intellekt. Eine Gesellschaft funktioniert nur mit einem gewissen Comment. Dennoch geht mit wachsendem Abstand zur letzten Diktatur auf deutschem Boden zunehmend das Bewusstsein dafür verloren, dass es richtig ist, sich im Zweifel immer wieder für die Freiheit zu entscheiden. Vieles, was unter dem Begriff “Gemeinwohl” verkauft wird, lässt erschaudern.
Patrick Welter schreibt dazu in der FAZ.
Da ist der Plural der Vereinnahmung, wenn der Sprecher „wir“ sagt und eigentlich „ich“ meint. Und da ist der Plural des Untertanen, der die öffentliche Debatte zunehmend beherrscht.
Dieses Wir fokussiert allein auf das vermeintliche Gemeinwohl. Freiheit und Rechte des Einzelnen sind nur noch Randaspekte, wenn sie denn überhaupt mitgedacht werden.
Das untertänige Wir findet sich überall. In den Forderungen, dass wir weniger rauchen oder weniger Süßes essen sollen, damit das Gesundheitssystem nicht noch mehr aus den Finanzfugen gerate. Dass Frauen und Alte mehr und länger arbeiten sollen, damit die Rente finanzierbar bleibe. Dass wir verzichten sollen, um weniger Kohlendioxid auszustoßen. Dass wir mehr Steuern zahlen sollen, weil die öffentlichen Ausgaben alle unverzichtbar seien.
Wer so redet, dem geht es nicht um das Vergnügen der Menschen an Nikotin oder das Recht auf Schwarzwälder Kirsch. Oder um die Freiheit, über Arbeit und Freizeit selbst zu entscheiden. Wer so redet, der will die Menschen und ihr Handeln formen, damit sie politischen Fürsorgephantasien gerecht werden. Dass sie als Arbeitsbienen schaffen, damit die Politik mehr Geld ausgeben kann – obwohl der Staat schon fast die Hälfte der Wirtschaftsleistung verbraucht.
Der Mensch ist in diesem Denken nicht mehr stolzer und freier Bürger, der dem Staat begrenzte Rechte und Steuerhoheiten zugesteht. Er ist nur noch ein Rädchen, das sich drehen soll, damit der Wohlfahrtsstaat nicht kollabiert. Das Wir der Solidargemeinschaft entlarvt sich als Wir des Untertanen.
Dieses gefährliche Wir findet sich regelmäßig in politischen Reden. Es findet sich zunehmend auch in Funk, Fernsehen und in anderen Medien. Der Journalismus macht sich der Politik gemein, wenn er kritiklos ihre Ziele übernimmt, aber mehr noch, wenn er ihre Sprache übernimmt.
Weit zurück liegt die Zeit, in der der erste Bundeswirtschaftsminister und spätere Kanzler Ludwig Erhard formulierte: „Kümmere du, Staat, dich nicht um meine Angelegenheiten, sondern gib mir so viel Freiheit und lass mir von dem Ertrag meiner Arbeit so viel, dass ich meine Existenz, mein Schicksal und dasjenige meiner Familie selbst zu gestalten in der Lage bin.“ Solch freiheitlicher Anspruch an den Staat ist selten geworden. Das Wir des Untertanen füllt Kommentare, Moderationen und Berichte.
Damit geht mehr verloren als die Freiheit, was schlimm genug ist. Verloren geht auch der Wohlstand für alle. Es sind die eigeninteressierten Menschen, die mit Tatendrang die Marktwirtschaft antreiben, nicht die Untertänigen auf der Suche nach dem Gemeinwohl. Es sind profitorientierte Unternehmer, die Lösungen austüfteln, damit die Menschen klimaneutral weiter dem Konsum und dem schönen Leben frönen können.
Wir Untertanen – wo bleibt die Freiheit? - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Zum Eingangstext passt ein Artikel von Leon de Winter, der sich auch damit befasst, welche Folgen das Verschweigen faktisch vorhandener Probleme hat. In diesem Fall am Beispiel der Unruhen in Großbritannien. In diesem Zusammenhang wird der Fehler wiederholt, die Ursachen nicht vollständig, sondern lediglich selektiv zu benennen.
Das Timing spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Unruhen. Der Auslöser kann völlig zufällig sein oder auch nicht. Ein unbedeutender Vorfall kann einen Brand entfachen, wenn der Zunder schon bereitliegt. Die gegenwärtigen Unruhen in Grossbritannien haben einen offensichtlichen Auslöser: den Mord an drei englischen Mädchen.
Der mutmassliche Täter ist der Sohn von Einwanderern aus Rwanda. Erste Berichte über seine Religion und seine ethnische Zugehörigkeit waren falsch, wurden aber im Internet massenhaft verbreitet. Das war der Tropfen, der das Fass voll Wut, Argwohn und Verzweiflung zum Überlaufen brachte. Wir sprechen hier über das Fass namens grenzenlose Einwanderung.
Nachrichtensendungen des niederländischen Fernsehens den englischen Unruhen einen Beitrag. Fragen zur Einwanderung von Millionen von Muslimen wurden dabei totgeschwiegen. Die Redaktoren behaupteten hingegen, die Unruhen seien eine Reaktion auf das Scheitern des Brexits. Damit wird suggeriert, dass es nicht zu den Unruhen gekommen wäre, wenn Grossbritannien in der EU geblieben wäre. Das ist Unsinn.
Die Redaktoren der niederländischen Nachrichtensendung haben eine wesentliche Tatsache übersehen: In den letzten Tagen kam es zu Brandstiftungen gegen Flüchtlingsunterkünfte, während zugleich randalierende Muslime auf den Plan traten.
Betende Muslime gehen auf die Strasse und protestieren mit den Fahnen von Hamas und Hizbullah gegen Israel. Ganze Teile Englands werden islamisiert und sehen aus wie pakistanische Städte, in denen die Frauen ihren Körper vollständig verhüllen und die Männer traditionelle Kleidung tragen. Von Integration ist nichts zu spüren. Aber Integration ist eine Mindestvoraussetzung für die Teilnahme am grossen westlichen Abenteuer des Fortschritts, an der Gleichberechtigung und der wissenschaftlichen Neugierde.
Die britischen und fast alle anderen westlichen Medien weigern sich, die konkreten Umstände der Unruhen zu benennen. Wir sollten ehrlich sein: Es sind Unruhen von Einheimischen, die genug haben von Einwanderern, und es sind Unruhen von Muslimen, die die Strassen kontrollieren wollen.
Die politischen und medialen Eliten behaupten, die Gewalt sei von einer rechtsextremen Organisation angezettelt worden. Damit entlasten sie sich von der Schuld an ihrer unbesonnenen Migrationskultur in Nord- und Westeuropa.
Seit Jahrzehnten warne ich davor, dass Migration ohne Integration in eine Krise führt. Ich habe Angela Merkels Willkommenskultur umgeschrieben zu «Willkommen, Antisemiten!». Damit habe ich in Deutschland eine Grenze überschritten, denn wie konnte ich es wagen, etwas Derartiges über all die aufgeklärten jungen Männer zu sagen, die künftig als Herzchirurgen und Architekten in die Gesellschaft eintreten?
Das politische und mediale Tabu, die negativen Aspekte der Masseneinwanderung aus islamischen Ländern zu diskutieren, wird im Vereinigten Königreich nach den Unruhen noch vehementer aufrechterhalten. Das wird die Unzufriedenheit weiter verschärfen.
Zum Ende der Rubrik wieder Sehens- und Hörenswertes. Colemans Hughes spricht mit Glenn Loury.
Glenn Loury reflects on his memoir, Late Admissions, and the process of recalling his life experiences. He discusses the powerful and galvanizing experience of reliving his past, including memories of his mother, admiration for his father, and personal struggles with addiction and infidelity. The conversation then shifts to the transformation of the South Side of Chicago over time and the unraveling of the Black family structure. The impact of cultural and societal changes, as well as class differences, on the decline of the Black family is explored. The chapter concludes with a discussion on the contrasting experiences of Black students at Northwestern University and the sense of wonder and entitlement among different socioeconomic backgrounds. The conversation covers various topics including personal experiences with racial identity, addiction and recovery, the debate between Booker T. Washington and W.E.B. Du Bois, the influence of Thomas Sowell, and the collaboration between Glenn Loury and John McWhorter.
Über einen Kleinigkeiten skandalisierenden Artikel in der “Frankfurter Rundschau”, in dem sich auch darüber mokiert wurde, dass Harald Schmidt sich immer noch zu Wort meldet, stieß ich auf dieses hörenswerte Gespräch mit ihm. Das wollte der Autor zwar nicht erreichen. Wer allerdings noch nie vom Streisand-Effekt gehört hat, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Harald Schmidt äußert ohne Rücksicht auf den Zeitgeist seine Meinung und ist den meisten Kritikern sowohl intellektuell als auch rhetorisch haushoch überlegen.
Der Tag mit Harald Schmidt: Ein Herz für harte Hunde - Deutschlandfunk Kultur
Till Randolf Amelung unterhält sich mit dem Vorsitzenden der GWUP über eine im Rahmen der olympischen Spielen völlig überdrehte Debatte.
Ist es fair, Intersex-Personen in Frauenwettkämpfen antreten zu lassen? Anlässlich der Debatte um die mutmaßlich intersexuelle Boxerin Imane Khelif bei Olympia 2024 in Paris diskutiert André mit dem Publizisten und Experten für Geschlechterfragen Till Randolf Amelung (Initiative Queer Nations / Queers@GWUP).
Kultur
Hannes Schrader hat im Spiegel eine grandiose Recherche über die Geschichte der Sanierung des Berliner Pergamonmuseums geschrieben. Wegen solcher Artikel habe ich das Magazin viele Jahre begeistert gelesen. Auch aufgrund sprachlicher Highlights lohnt sich die Lektüre.
Ein Vierteljahrhundert Bauzeit, explodierende Kosten, endloses Chaos: Die Sanierung des Pergamon, des berühmtesten Museums der Republik, dauert noch bis 2037, vielleicht länger. Rekonstruktion eines deutschen Debakels.
Das Pergamonster - Der Spiegel
Statt einer Coverversion möchte ich heute die Dokumentation “Elizabeth Taylor: The Lost Tapes” empfehlen.
Featuring newly unearthed interviews, Elizabeth Taylor: The Lost Tapes, reveals the complex inner life and vulnerability of the Hollywood legend.