Prolog
Weil die App nicht funktionierte, musste ich neulich eine DB-Fahrkarte am Schalter kaufen. Schon vorher fiel mir zu diesem Unternehmen nichts mehr ein, was man vor Minderjährigen zitieren könnte. Diese Erfahrung hat es nicht besser gemacht.
Erster Versuch, Bahnhof Berlin-Südkreuz:
Anfahrt ungefähr 30 Minuten. Großer Andrang, von sechs Schaltern waren lediglich drei besetzt. Zwischenzeitlich verringerte sich die Zahl auf zwei. Die Wartezeit sollte laut Wartezettel "ca. 45 Minuten" betragen. Da ich noch nie so lange gewartet hatte, dachte ich, das sei hochgradig übertrieben. Spoiler: War es nicht.
Interessant auch, dass zwar grotesk lange Wartezeiten ausgewiesen werden, es aber nur eine Handvoll Sitzplätze gibt. Wohl dem, der nicht alt, gehbehindert oder beides ist. Die vielen wartenden Kunden hielten die Mitarbeiter nicht davon ab, entspannt miteinander zu plaudern. Nach einer Stunde Wartezeit waren noch dreizehn Personen vor mir dran. Das hätte ungefähr eine weitere Stunde Warten bedeutet. Ich fuhr unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Fahrtzeit 30 Minuten.
Zweiter Versuch Berlin Hauptbahnhof:
Am nächsten Tag funktionierte die App wieder nicht, deshalb fuhr ich zum Hauptbahnhof. Fahrtzeit 30 Minuten. Auch hier großer Andrang, wieder war nur die Hälfte der Schalter besetzt. Wartezeit laut Nummernzettel "ca. 20-30 Minuten". Auch nicht schön, aber deutlich kürzer als gestern. Spoiler: Zu früh gefreut.
Wie schon gestern quietschfidele Mitarbeiter, die erneut trotz wartender Kunden längere Gespräche führten. Nach einer Stunde und fünfzehn Minuten war ich endlich dran. Da ich die Verbindungen vorab herausgesucht hatte, konnte ich sie stolz aufsagen. Leider bekam ich kein Sternchen.
Die fahrkartenverkaufende Person teilte mir in einem unverschämt belehrenden Tonfall mit, der Zug führe aufgrund einer Baustelle gar nicht. Auf meine Frage, warum die Verbindung dann auf der Homepage angeboten werde, wurde nicht reagiert. Mir blieb nur eine Hinfahrt auf der ich nun eine Stunde länger unterwegs bin. Zumindest die Rückfahrt konnte ich wie geplant buchen.
Aus strategischen Gründen hatte ich mir die Kritik bis nach dem Bezahlen aufgespart. Auf meinen Hinweis, dass diese Wartezeiten indiskutabel seien, folgte nicht etwa eine Bitte um Entschuldigung. Nein, es wurde so lapidar wie passiv aggressiv geantwortet, man habe eben nicht genug Mitarbeiter. Frei nach Loriot:”Ach was!?” Rückfahrt: 30 Minuten.
Die Fairness gebietet, darauf hinzuweisen, dass ich dafür eine Mitverantwortung trage. Hätte ich das Ticket bereits beim Kauf überprüft, wäre das nicht passiert. Andererseits habe ich dem Mitarbeiter dreimal die Reisedaten genannt. Da gehe ich davon aus, dass sie dann auch stimmen. Mache ich in Zukunft anders.
Also bei der Hotline angerufen. Nach über 20 Minuten war ich an die Reihe. Die Dame am anderen Ende der Leitung meinte, sie müsse kurz etwas erfragen, schaltete mich zurück zur wunderschönen Musik und war für immer verschwunden. Meine erste Ghosting-Erfahrung. Ich rief erneut an und nach weiteren 20 Minuten erklärte mir ein hörbar genervter Mann, er könne mir nicht weiterhelfen. Außerdem könne man Fahrkarten, die am Schalter erworben wurden, auch nur dort umtauschen. Zusätzlich müsse ich 10 Euro Stornogebühren zahlen. Auf meinen Einwurf, das sei ein Fehler des Mitarbeiters gewesen, wies er mich darauf hin, dass ich das beweisen müsse. Kann ich natürlich nicht.
Ich fuhr also zum Bahnhof (Fahrkarte 2,50 EUR, weil ich kein gültiges Zugticket hatte.). Am Empfangstresen des Reisezentrums sagte mir eine Mitarbeiterin, ebenfalls in genervtem Ton, ich solle mich an den Zugchef wenden, wenn der Zug einführe. Der würde mich dann vielleicht mitnehmen. Das sei aber unwahrscheinlich. Falls ich das nicht wolle, müsse ich an den Schalter gehen. Ich entschied mich für Letzteres.
Wartezeit laut Wartezettel: 10-20 Minuten. Nach 30 Minuten war ich dran. Die sehr nette Mitarbeiterin stellte mir ein neues Ticket aus. Leider waren keine Reservierungen mehr verfügbar. Den Zug, den ich eigentlich nehmen wollte, verpasste ich aufgrund der langen Wartezeit im Reisezentrum. Letztendlich kam ich zwei Stunden später am Zielbahnhof an. Der Zug, von dem der Mitarbeiter bei meinem ersten Besuch behauptete, dieser führe wegen Bauarbeiten im Moment nicht, fährt übrigens sehr wohl.
Fazit: Der Erwerb einer Fahrkarte für die Deutsche Bahn hat mich bisher (Die Geschichte ist noch nicht zuende. Bleiben Sie dran.) an zwei Tagen fünfeinhalb Stunden Zeit und 12,50 Euro für öffentliche Verkehrsmittel gekostet. Diesen Irrsinn erlebt man bereits, bevor man den Zug betreten hat. Wer eine baldige Verkehrswende für realistisch hält, lebt in einer Traumwelt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass Fahrgastrechte weiter eingeschränkt werden.
Nun aber los. Heute geht es unter anderem um Wirklichkeit, Extremismus und die Unschuldsvermutung.
Politik und Gesellschaft
Herrliche Realsatire genau nach meinem Geschmack ist, dass die Grünen es seit Jahren nicht schaffen, in der eigenen Bundesgeschäftsstelle eine Wärmepumpe zu installieren.
Neben dem Gerät steht ein großes Raupenfahrzeug, daneben ein Sandhaufen und viele Rohre, im Gebüsch rostet ein Grill. Auf der Baustelle herrschte bis vor Kurzem das, was die Grünen der Vorgängerregierung gern vorwerfen: Stillstand.
Ausgerechnet hier.
Es waren die Grünen, die beim Umstieg auf erneuerbare Energien vorpreschten, die mal eben das Land umbauen wollten. Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist derzeit ihr wichtigstes Ziel, sie verteidigen es gegen alle Widerstände der Konservativen, aber auch ihrer eigenen Koalitionspartner. Sie glauben, die Wärmewende wäre schnell und in allen Landesteilen zu schaffen.
Offensichtlich funktioniert sie nicht einmal hier, in ihrem eigenen Innenhof.
Ende 2019 begannen die Bauarbeiten. Sie waren gerade gestartet, dakam die Pandemie. Die Grünen zeigten sich trotzdem siegesgewiss,allen voran der Bauherr, der damalige Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. »Wir bauen erst das Haus um und danach das Land«, sagte er bei einem Rundgang im Sommer 2020. Mittlerweile ist er Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium.
Dann wurde es schwierig. Handwerker fehlten, die Bausubstanz machte Probleme, der Wahlkampf begann – und die Verzweiflung des Bauherrn wuchs.
»Die Grünen haben sich ein sehr ambitioniertes Projektvorgenommen«, sagt einer, der das Bauvorhaben damals beobachtete. Es war zu ambitioniert – wie die Wahlkampagne, die Annalena Baerbock zur Bundeskanzlerin machen sollte. Die Grünen scheiterten im Großen. Und im Kleinen, an der Pumpe.
Das zentrale Problem ist die Wärmeversorgung. Um den Altbauern erneuerbar heizen zu können, muss ein aufwendiges System aus Rohren und Kabeln verbaut werden. Die Räume der Grünen sollen mit einem Lüftungssystem erwärmt werden, nicht mit Heizkörpern. Dieses System musste überall in der Geschäftsstelle verlegt werden – was im Altbau äußerst schwierig ist.
Aber wollte Habeck nicht auch in deutschen Altbauten Wärmepumpen haben? Vielleicht sollte er mal wieder in der Bundesgeschäftsstelle seiner Partei vorbeischauen.
Zumal die Probleme dort noch tiefer reichen. Damit die Pumpe warmeLuft im Haus verteilen kann, muss bei vielen Modellen ein tiefes Lochfür eine Erdwärmesonde gebohrt werden. Dafür braucht es eine Genehmigung, eine Spezialmaschine und geschultes Personal.
Beim Bohren haben Berliner Behörden mitzureden, deren Genehmigung nahm fast zwei Jahre in Anspruch. Deutschland im Kleinen.
Rund fünf Millionen Euro wird die Sanierung am Ende gekostet haben,heißt es aus der Partei. Auf Anfrage sagt eine Sprecherin, dass dieWärmepumpe voraussichtlich Ende des dritten Quartals in Betriebgehen werde – mehr als dreieinhalb Jahre nach Baubeginn.
Wie die Grünen daran scheitern, in ihrer Zentrale eine Wärmepumpe einzubauen - Spiegel
Dass die Debatten um Rassismus und die Frage, was Rassismus sei, immer absurder werden, kritisiere ich seit langer Zeit. Dieser Umstand war einer der Gründe, mit dem Schreiben dieses Newsletters zu beginnen. Nun gab es drei Anlässe, die meine Kritik bestätigen.
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien sieht sich seit Tagen Rassismusvorwürfen ausgesetzt, weil sie etwas aussprach, das im Rahmen des gesunden Menschenverstands selbstverständlich sein sollte. Wenn es inzwischen als rassistisch einsortiert wird, dass auch von Politikern mit Migrationshintergrund Abstraktionsfähigkeit erwartet wird, ist das eine weitere besorgniserregende Verkleinerung des Diskursraums.
Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU hatte am Dienstag bei NDR Info gesagt: "Natürlich ist Aminata Touré durch ihre eigene Fluchtgeschichte geprägt. Aber am Ende muss man in der Lage sein, als Politiker sich auch von seinem eigenen Schicksal ein Stück weit zu lösen und sich auch neben sich zu stellen und auch Entscheidungen mitzutragen, die einem persönlich weh tun."
Kritik an CDU-Politikerin Prien wegen Äußerung über Touré - Süddeutsche Zeitung
Die zweite Situation spielte sich während einer szenischen Lesung im Museum für bildende Künste in Leipzig ab. Es ging um Rassismus in der DDR. Hier wurde das sogenannte “N-Wort” ausgesprochen, was für Empörung sorgte. Die Lesung wurde aus dem Programm genommen. Die übliche, allerdings völlig falsche Reaktion.
Unter anderem rezitiert Malay ein Gedicht, das sie aus ihrer Kindheit kannte. Darin kommt das N-Wort vor, das sie bei der Performance auch ausspricht. Dieses Gedicht und dieses Wort, das damals in aller Munde war, hat sie schon als Elfjährige verletzt, wie sie erzählt, und das Gedicht prompt umgeschrieben. Sie erzähle diese Geschichte unter anderem auch, um dazu zu ermutigen, sich gegen die Gleichmut zu wehren und diese Verletzungen zu bearbeiten.
Nun aber gab es Beschwerden von Zuschauern, die die Verwendung des N-Wortes auch durch Betroffene in diesem unmissverständlichen Kontext anmahnen. Es wurde sogar kritisiert, dass die beiden davon erzählen, dass sie ohne Väter aufgewachsen sind, weil das ein Stereotyp über schwarze Männer verfestige.
Dazu passen auch die obskuren Erlebnisse in seiner Buchhandlung, von denen Ben von Rimscha berichtet. Es ist ist übrigens nicht das erste Mal, dass eine Buchhandlung in Berlin unter Druck gesetzt wird, weil sie angeblich “problematische” Literatur (Sprich: Unproblematische Literatur, die bestimmten Milieus nicht in den weltanschaulichen Kram passt.) im Programm hat.
Was genau widerfährt Ihnen denn?
Leute kommen in den Laden, knallen ein kürzlich bei mir gekauftes Buch auf die Theke und fordern ihr Geld zurück. Ich muss mir dann anhören, dass ich angeblich transfeindliche, antisemitische oder faschistische Literatur sowie sexistische und frauenfeindliche Postkarten von Loriot verkaufe. "Jim Knopf" wird als rassistisch verdammt. Ein Kunde entfernte kürzlich einen Stapel mit Büchern von Ahmad Mansour und versteckte ihn hinter anderen Büchern, damit dieser "gefährliche, rassistische und AfD-nahe Schund" nicht mehr unter die Leute komme. Solche Fälle sind keine Seltenheit mehr. Sie haben zugenommen.
Wenn jemand von mir verlangt, ich solle alle Bücher von Sally Rooney aus dem Programm nehmen, weil die Autorin eine Antisemitin sei, dann versuche ich zu vermitteln, dass es zwischen Autor und Werk einen Unterschied gibt. Ezra Pound war bekennender Faschist und Antisemit, Dostojewski ein spielsüchtiger Panslawist, Jean-Paul Sartre ein Maoist - sollen wir deren Werke nun alle ausmustern? Zuletzt gab "Die Antiquiertheit der Frau" von Sara Rukaj Anlass für Empörung; die Philosophin hat es gewagt, die Queer-Theorie in einer herrlich polemischen Art auseinander zu nehmen. Das reicht schon, zu den Bösen gezählt zu werden.
Aber Rukaj steht doch klar links.
Natürlich tut sie das. Die Leute, die bei mir Luft ablassen, haben die Bücher nicht gelesen und wollen es auch gar nicht. Die hören in ihrer Blase, das Werk sei queer-feindlich, was ihnen ausreicht, es zu verteufeln. Wenn ich darauf verweise, dass der - übrigens brillante - Text von Rukaj marxistisch und von Sigmund Freud beeinflusst ist, werde ich angeblafft: "Nein, das ist Faschismus!" Das ist ein großer Hohn, das Buch in der Weise zu diffamieren, eine Verharmlosung des Faschismus. Wer es auch nur wagt, das Buch von Rukaj als Debattenbeitrag in einem Land mit Meinungsfreiheit zu verteidigen, wird als Menschenfeind hingestellt. Da mach ich mir dann doch große Sorgen um die Meinungsfreiheit und frage: Welcher Autor und welches Werk sollen als Nächstes auf den Index?
Zuhören, das Abwägen von Argumenten kennen diese Menschen nicht. Die tragen eine Gesinnungsethik vor sich her ohne jeden Realitätsbezug, ohne Sachlichkeit, fast irrational, als handele es sich bei Sprache um Voodoo. Es geht nicht darum, Standpunkte auszutauschen, sondern allein darum, seine Haltung zu demonstrieren. Es wird nur in Lagern nach Schema F gedacht. Jeder bleibt in seiner Bubble. Es geht allein um Haltungen, die man sich gegenseitig um die Ohren haut. Wenn der oder die dieses oder jenes Wort sagt, dann ist er böse. Ich muss mir das jede Woche anhören. Ich nenne das die Theorie der Nachbarschaft der sauberen und schmutzigen Bücher.
Die schmutzigen Bücher kontaminieren sozusagen die sauberen; Sie finden bei mir kein einziges Buch eines neurechten Verlages. Es geht diesen Leuten nur darum, öffentlich und vor allem vor sich selbst zu zeigen, auf der richtigen Seite zu stehen. Antirassistisch und queer-freundlich bin ich auch. Aber ich muss es nicht zur Schau stellen. Als würde irgendein Mensch mit Verstand noch das N-Wort sagen. Ich habe zwei dunkelhäutige Kinder und möchte nicht, dass die mit dem N-Wort beleidigt werden. Entscheidend ist der Kontext in der Literatur.
Für mich geht es um Lesbarkeit von Büchern im historischen Kontext. Man kann doch nicht Koeppens "Tauben im Gras", eines der besten Werke der deutschen Nachkriegsliteratur, auf den Index setzen, weil darin das N-Wort vorkommt. In den Fünfzigern und Sechzigern war es Alltag, das N-Wort auszusprechen. Wieso soll ein Buch, das der zutiefst rassistischen bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft kritisch den Spiegel vorhält, rassistisch sein? Das Gegenteil ist der Fall!
Ich bin für eine antirassistische oder - noch besser - rassismusfreie Gesellschaft. Genau deshalb halte ich es nach wie vor für richtiger, an den realen Umständen etwas zu ändern und nicht auf Sprach-Magie zu setzen. Ich bin sicher, dass das sehr viele Menschen als abgehoben empfinden, was wiederum bedeutet, dass der Glaube, durch Worte die Welt zu verbessern, kontraproduktiv ist. Die AfD befindet sich im Höhenrausch und ein Redakteur der "Tagesschau" ersetzt das Wort Mutter durch "entbindende Person". Da stimmt generell etwas nicht.
"Da mach ich mir große Sorgen um die Meinungsfreiheit" - NTV
Bereits in den Debatten um die Razzien gegen die sogenannte “letzte Generation” und die Frage, ob es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt, fiel die unverhohlene Sympathie mancher Politiker und Journalisten für Straftaten und demokratiefeindliche Umtriebe auf, wenn die Ziele gefallen. Das ist nicht neu. Es gab zuletzt zu Recht laute Kritik daran, dass ein ausgewiesener Neonazi für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Pohl arbeitet. Als der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar im Bundestagsbüro des Linken-Abgeordneten Dieter Dehm arbeitete, war der Aufschrei deutlich leiser. Das belegt nicht nur erneut, dass manche zwischen gutem und schlechtem Extremismus unterscheiden. Es zeigt auch, dass AfD und Linkspartei zwei Seiten einer Medaille sind. Demokratisch legitimiert, aber mit einem rein taktischen Verhältnis zur Demokratie.
Nun wurde das Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. gefällt, was schwere Ausschreitungen zur Folge hatten. Auch hier fiel auf, wieviele Politiker und Journalisten sich mit ihr solidarisierten. Vor dem Hintergrund, dass nicht nur Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer vor einer zunehmenden Radikalisierung der Szene warnt, kann man sich darüber nur wundern. Selbst der Richter, welcher das Urteil sprach, behauptete, der Rechtsextremismus sei die größte Gefahr in Deutschland, was durch eine kurze Recherche zur Anzahl der Gewalttaten aus den unterschiedlichen Richtungen als nachweislich unzutreffend verworfen werden kann. Das bedeutet nicht, dass Rechtsextremismus keine Gefahr sei. Er ist aber eben nicht die größere Gefahr. Bekämpft werden muss er selbstverständlich trotzdem. Leider ist es heutzutage notwendig, auf solche Selbstverständlichkeiten hinzuweisen.
Auch in den sozialen Medien musste ich einige Male angesichts der Tatsache schlucken, dass selbst Menschen, die ich insgesamt sehr schätze, das Hashtag #freelina benutzten sowie verharmlosende Artikel und Kacheln teilten.
Zum dem Komplex sind einige gute Artikel erschienen. Einen schrieb Anne Hähnig in der “Zeit”. Auch sie reproduziert das mit den Fakten unvereinbare Narrativ der größeren Gefährlichkeit, was der Qualität des Texts insgesamt allerdings keinen Abbruch tut.
Damit ist nun mit juristischen Mitteln bewiesen, wovor die Sicherheitsbehörden schon länger warnen: Dass sich innerhalb der linksextremen Szene konspirative Kleingruppen gebildet haben. Kleingruppen, die sich offenbar wie eine Art selbst ernannte Sondereinsatzkommandos begreifen: zu Gewalt bereit, solange es gegen die aus ihrer Sicht Richtigen geht.
Man müsse eben, so lautet die Argumentation von linker Seite, gegen den Rechtsextremismus kämpfen, solange die Polizei das nicht tue.
Die juristischen Erfolge im Kampf gegen Neonazis sind zahlreicher als die Erfolge im Kampf gegen Linksradikale. Das liegt daran, dass die ersteren viel zahlreicher und gefährlicher sind. Es liegt aber zu einem kleineren Teil auch daran, dass sich Täter der linksextremen Szene bislang meistens gut versteckt haben. Und dass sie eingebettet sind in eine große, sie offenbar schützende und unterstützende Gemeinschaft.
Das ließ sich auch im Gerichtsaal beobachten: Als Lina E. am Mittwoch den Saal des Oberlandesgerichts betrat, wurde sie wie ein Superstar zweieinhalb Minuten lang beklatscht. Die Zuschauer – offensichtlich der linken Szene angehörig – johlten, stampften, jubelten. "Wir sind alle 129er", skandierten einige – eine Anspielung auf den Paragraf 129 im Strafgesetzbuch, der die Bildung einer kriminellen Vereinigung unter Strafe stellt. "Weil ihr Faschofreunde seid", riefen einzelne dann noch hinein. Und: "Scheiß Klassenjustiz!", "Schweinesystem!"
Von Zerknirschung oder Schuldbewusstsein war bei der Angeklagten nichts zu erkennen. Aber das war auch nicht zu erwarten: Schon vor dem Urteil wurden nicht nur diverse Demonstrationen angemeldet, sondern auch Randale versprochen.
Dass gegen die frisch Verurteilten kaum Beweise vorgelegen hätten, sondern höchstens schwache Indizien und die Aussagen eines angeblich windigen Kronzeugen, wie teilweise kolportiert wurde, stimmt hingegen nicht. Beweise gab es. Nach einem der Überfälle wurde Lina E. gemeinsam mit anderen beispielsweise auf frischer Tat ertappt – bei der Flucht im Auto, in dem sich die Tatwerkzeuge befanden.
Weil einer der Verteidiger den Prozess dennoch als "politisches Verfahren" bezeichnet hatte, konnte sich der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung einen Satz als Reaktion darauf nicht verkneifen: "Ich empfehle einen Besuch in Hohenschönhausen."
Schlüter-Staats hat einen Punkt, wenn er darauf verweist, dass diese Tat zeigt, "wohin der militante Antifaschismus führt". In eine Welt nämlich, in der einige aus dem Affekt heraus entscheiden, wer es aus politischen Gründen angeblich verdient hat, mal eben verprügelt und schwer am Kopf verletzt zu werden. Er glaube, sagte der Richter noch, dass über diese Tat auch Menschen erschrocken seien, die vielleicht grundsätzlich bisher kein Problem mit einem gewalttätigen Kampf gegen Rechtsextremismus gehabt hätten. Vielleicht sei der Vorfall auch Anlass für einige, "neu über die Rechtfertigung politischer Gewalt nachzudenken".
Harmlos sind sie lange nicht mehr - Zeit
Auch Hendrik Wieduwilt hat sich in einem Artikel mit der eigenartigen Toleranz gegenüber Linksextremismus befasst.
Ein anderes Tabu ist das der Gewaltanwendung. Jemandem mit einem Hammer die Schädelknochen zu zertrümmern, weil einem dessen mutmaßliche politische Radikalität missfällt, ist eine für die meisten Menschen abstoßende Vorstellung. Wer einmal in den Genuss eines Selbstverteidigungskurses gekommen ist, weiß, dass es schon einigermaßen schwerfällt, mit der nackten, verhältnismäßig weichen Hand in ein fremdes, verhältnismäßig weiches Gesicht zu schlagen. Es fühlt sich komisch an, es widerstrebt. Doch nicht so in der linksextremen Szene. Das zeigt der Fall Lina E. und der seltsame Applaus für linksextreme Attacken. Gewalt ist offenbar doch okay - wenn sie die Guten verüben und es die Bösen trifft.
Dass Radikale aus der Antifa-Szene Gewalt für ein legitimes Mittel gegen Rechtsextreme loben, ist bekannt. "Nazi auf’s Maul ist keine Floskel", so etwas steht auf Pappschildchen linksextremer Demonstranten. Nach Lina E.s Verurteilung allerdings hörte man Beifall nicht nur am linksextremen Rand, sondern auch in der normallinken Wohlfühlzone.
Der sehr talentierte Comedian und Autor "El Hotzo" legte auf Twitter seine ironischen Isolierwände kurz beiseite und wies darauf hin, man könne linksextremer Gewalt leicht entgehen, wenn man kein Nazi sei.
Das ist in der Sache nicht falsch: Wer eine dunkle Hautfarbe hat, ist extremistischer Gewalt unweigerlich ausgeliefert, ein Nazi muss keiner sein. Und doch ist der Tweet ein eiskaltes Achselzucken gegenüber brutaler Gewalt und Selbstjustiz.
Noch etwas beunruhigender als der Hotzo-Tweet und die pauschale Rechtfertigung durch Linke ist, dass auch gut gestellte Juristen Ambivalenz in Sachen Gewaltausübung zeigten. Ralf Michaels, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, schrieb, das "Gewaltmonopol des Staates und das Verbot der Selbstjustiz sind nur dadurch legitimiert, dass der Staat auch selbst das Recht durchsetzt - gegen Neonazis wie gegen die Klimakatastrophe". Er bezog sich damit wiederum auf den Tweet eines Comedian.
Der Jurist insinuiert damit, dass jeder nach Belieben Durchsetzungsdefizite ausloten und dann gegebenenfalls die Gewalt in die eigenen Hände nehmen dürfe. Was rechtlich hanebüchen und politisch brisant ist: Gewaltmonopol des Staates ja, aber weil der Staat nicht genug gegen Nazis und Klimawandel macht, darf man zum Hämmerchen greifen?
Seltsam, dass man das betonen muss. Doch die Enttabuisierung des Knochenhammers schleicht sich in die Mitte der Gesellschaft. Dass Linksextreme jubelnd Videos herumreichen, auf denen Rechtsextreme unvermittelt eine Faust ins Gesicht bekommen, ist nichts Neues. Dass Amtsträger und Hochschulvertreter bei Gewalttaten mit einem "unterm Strich recht so" die Achseln zucken, schon.
Die Sache ist eigentlich recht einfach, wenn man sich zwei Dinge verdeutlicht: Ob Lina E. schuldig ist oder nicht, ist eine juristische Frage, keine politische. Diese Frage müssen daher Gerichte beantworten, sie beurteilt sich nicht nach politischen Einstellungen, Zielen und Umständen, sondern der Beweislage und deren Würdigung durch ein Gericht.
Lina E. und die verstörende Toleranz für den Knochenhammer - NTV
Es sind schwere Zeiten für die Band Rammstein. Einige Frauen haben schwere Vorwürfe gegenüber Sänger Till Lindemann erhoben. Sie reichen vom gezielten Zuführen von weiblichen Fans für sexuelle Ausschweifungen bis hin zur Verabreichung sogenannter K.O.-Tropfen. Bewiesen ist bisher nichts und es wurde keine einzige Anzeige gestellt. Sollten sich strafrechtlich relevante Vorwürfe erhärten, muss Lindemann zur Verantwortung gezogen werden. Trotzdem gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Diese Mob-Mentalität, Menschen ohne Beweise oder sogar unterhalb der Strafbarkeitsgrenze auf der Basis subjektiver Moralvorstellungen zerstören zu wollen, passt leider zum Zeitgeist.
Die Diskussion zum Thema ist hochgradig unterkomplex bis dümmlich. Differenzierung Fehlanzeige. Es mag persönlich befremden, dass sich ein 60-jähriger Mann mit 20-jährigen Frauen vergnügt. Verboten ist es nicht. Die Aussage, die Mädchen seien zwar volljährig, aber eben trotzdem von Eigenverantwortung entbunden, geht ins Leere. Mit der Argumentation müsste man auch alle mit der Volljährigkeit einhergehenden Rechte in Frage stellen. Das tut natürlich niemand.
Der Hinweis auf Eigenverantwortung wurde bereits während der #metoo-Debatte als "victim blaming" bezeichnet. Natürlich ist eine Frau niemals Schuld daran, wenn sie Opfer eines Verbrechens wird und Vorsichtsmaßnahmen sollten in einer idealen Welt nicht nötig sein. Wir leben allerdings nicht in einer solchen. Wer als Erwachsener wider besseres Wissen Gefahren ignoriert, trägt faktisch eine Mitverantwortung. Es gibt böse Menschen und daran wird sich nie etwas ändern, so sehr man es sich wünschen mag.
Jürgen Kaube hat in der FAZ den bisher differenziertesten Artikel dazu geschrieben.
Inzwischen haben sich andere junge Frauen gemeldet, die von Ähnlichem (Rekrutierung während des Konzerts, Party auf der Hinterbühne, viel Alkohol und Aufforderung zum Geschlechtsverkehr) berichten. Mal mit Bewusstseinsverlust, mal ohne. Mal mit einem insistierenden Lindemann, mal mit einem, der einen Korb akzeptiert, wenn er ihn erhält. Zu polizeilichen Ermittlungen scheint es nie gekommen zu sein.
Vielleicht auch deshalb nicht, weil es keinen Straftatbestand „Ausschenken von Alkohol, um die Chancen auf Geschlechtsverkehr zu erhöhen“ gibt. Insofern hängt viel an der Frage, ob auf Lindemanns Hinterbühnen-Partys ausgeschenkt wurde, was der Volksmund K.-o.-Tropfen nennt und Lindemann in einem seiner Verse exakter „Rohypnol“. Dann nämlich handelte es sich nicht um Machtmissbrauch, sondern um Gewalt und um ein Verbrechen.
Dass viel von Machtmissbrauch gesprochen wird, hängt damit zusammen, dass oft die juristischen Mittel fehlen, Leuten wie Lindemann zu Leibe zu rücken. Man klagt, ohne anklagen zu können.
Bei anderen moralischen Beschwerden, die gerade im Umlauf sind, verhält es sich genauso. So wird von „kultureller Aneignung“ gesprochen, weil Klagegründe des Urheber- oder Marken- oder Beleidigungsrechts fehlen. Der Gebrauch mancher Worte („Mohrenapotheke“, „Indianer“, „Eskimo“ et cetera) wird moralisch als Beleidigung gebrandmarkt, weil es keine Möglichkeit gibt, ihren Gebrauch rechtlich als Beleidigung zu verhindern.
Man spricht von Gewalt, aber in einem höheren Sinne, der rechtlich nicht rekonstruierbar ist. Moralische Verachtung etabliert insofern eine Ersatzjudikative. Wir können nichts machen, aber dafür können wir uns empören.
Das ist in Fällen wie dem Lindemanns nachvollziehbar. Allerdings unterscheidet sich dieser Fall von anderen „MeToo“-Beispielen. Lindemann war kein Weinstein und kein Wedel, er hatte keine Stellen zu besetzen, war nicht der Chef seiner Backstage-Frauen, er konnte ihnen nicht mit dem Entzug von Vergünstigungen außer dem Aufenthalt auf der Hinterbühne drohen. Macht ist die Fähigkeit, drohen zu können. Worin also bestand seine Macht, die er missbraucht hätte?
In den Kommentaren zum Vorgang wird die Argumentation an dieser Stelle wolkig. Es gehe hier, sagt die Musikkritikerin Aida Baghernejad im Deutschlandradio, um junge Frauen, die den Rockstar anhimmeln und deswegen nicht so leicht „Nein“ sagen könnten.
Damit würden auch alle Anhänger von Diktatoren zu Opfern von deren Machtmissbrauch. Mit dem Begriff der erwachsenen Person konfligiert diese Ansicht. Aufseiten der Groupies dürfte das Statusgefälle mitunter geradezu ein Motiv sein, an den After-Show-Partys teilzunehmen. Es wird die Nähe zum vermeintlichen Genie gesucht.
Die Opfer Lindemanns waren Fans. Sie waren Fans einer Band, deren Name sich von einem Unfallort mit siebzig Brandtoten herleitet. Das Wort „Fan“ wiederum leitet sich von „fanatisch“ ab. Um eine Spielart des Fanatismus muss es sich handeln, wenn alle Warnzeichen übersehen werden und sich junge Frauen in den nächsten Umkreis von Leuten wie Till Lindemann begeben.
Bei den Fans wird offenbar der Verstand ausgeschaltet, wenn sie durch die offen gehaltene Tür hindurchtreten. Das gibt dem Sänger nicht die Lizenz, Sex zu verlangen, aber es begrenzt die Möglichkeit zur Beschwerde, wenn es auf den Partys der Hinterbühne exzessiv zugeht.
Die Musik, die pyromanische Show, das Konzert, die Selbstdarstellung des Sängers als omnipotenten Übermenschen aus der untermoralischen Welt der Heldensagen, all das signalisiert Gefahr. Die Mädchen sind insofern nicht überrumpelt worden, es sei denn von ihrer eigenen Naivität, die darin liegt, vorher nicht genug darüber nachgedacht zu haben, dass jede von ihnen nur eine weitere Nummer für Lindemann und seine Helfer sein könnte, die ihm die Mädchen zugeführt haben.
Noch einmal: Sofern Gewalt, Rohypnol oder ähnliche Drogen im Spiel waren, wechselt diese Beurteilung sofort in eine strafrechtliche. Wenn das nicht möglich ist, bleibt nur die Verachtung. Darüber könnten vor allem die intellektuellen Anhänger dessen nachdenken, was als Lindemanns Kunst bezeichnet wird.
Fans, Verbrechen und Verachtung - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Zum Ende der Rubrik wieder Sehenswertes. Rowan Atkinson, besser bekannt als “Mr. Bean” hat sich in einer sehr guten Ansprache zur Meinungsfreiheit geäußert. Das ist das erste Mal, dass Atkins sich politisch einlässt.
The Christian Institute spearheaded the Reform Section 5 campaign to get the word ‘insulting’ removed from Section 5 of the Public Order Act, as part of the Crime and Courts Bill. After a lengthy campaign, which included support from celebrities including Rowan Atkinson and Stephen Fry, the then Home Secretary Theresa May eventually agreed. The change is now incorporated in Section 57 of the Crime and Courts Act 2013 which came into force on 1 February 2014.
Die aktivistische Politologin Emilia Roig diskutierte mit der Philosophin Svenja Flaßpöhler über die Frage “Was spricht noch für die Ehe?”.
Die Ehe ist nach wie vor beliebt. Im letzten Jahr haben sich in der Schweiz über 40’000 Personen das Ja-Wort gegeben. Das überrascht angesichts der Tatsache, dass die Scheidungsrate nach wie vor hoch ist, zwei von fünf Ehen gehen auseinander. Verheiratete sind in der Schweiz steuerlich sogar im Nachteil. Vielleicht überwiegt die Aussicht, rechtlich abgesichert zu sein – gerade auch, wenn Kinder im Spiel sind? Der Grund liegt viel mehr im Patriarchat, ist die Politologin Emilia Roig überzeugt. Die Ehe gehört für sie abgeschafft. Liebe und Freundschaft können gefeiert und versprochen werden – doch dazu bedarf es weder Kirche noch Staat. Spricht tatsächlich noch etwas für die Ehe – vielleicht gerade der Umstand, dass man sie heute freier wählen kann als früher? Am Philosophischen Stammtisch diskutieren Barbara Bleisch und Wolfram Eilenberger mit der Politologin Emilia Roig und der Philosophin Svenja Flasspöhler.
Kultur
Coverversion der Woche: Dubstar - A Certain Sadness
Vor vier Tagen starb die großartige Astrud Gilberto, weshalb die Auswahl leichtfiel. Ich habe mich allerdings nicht für das naheliegende “Girl From Ipanema", sondern für “A Certein Sadness” entschieden. Das Stück ist auf dem Album “A Certain Smile, A Certain Sadness” von 1966 enthalten, welches Gilberto zusammen mit Walter Wanderley veröffentlichte. Die Dubstar-Version ist aus dem Jahr 1995.
Epilog
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Die Diskussion um Katrin Priem ist ja noch absurder, weil der NDR Teile des Interviews gekürzt hat (und der Hinweis auf die familiäre Geschichte von Frau Touré vom NDR kam). Wenn man die ungekürzte Version hört, dann wird eindeutig klar, dass Frau Priem ihre Aussage als allgemeingültig ansieht und "die einem auch persönlich wehtun." ebenso auf sich selbst bezieht. Sollte zwar auch bei der gekürzten Version offensichtlich sein, aber was kann man heute noch voraussetzen …
Inzwischen hat der NDR das Interview "aus Transparenzgründen" ungeschnitten zur Verfügung gestellt. Hier mal meine Transkription vom Ende:
NDR: Ist Aminata Touré zu sehr von ihrer eigenen Geschichte beeinflusst und sieht den Blick für Realität nicht?
Prien: Natürlich ist Aminata Touré durch ihre eigene Fluchtgeschichte geprägt. Das wäre ja auch ein Wunder, wenn's nicht der Fall ist. Aber - ich bin durch meinen jüdischen Hintergrund auch geprägt - aber am Ende muss man in der Lage sein, als Politiker sich auch von seinem eigenen Schicksal ein Stück weit zu lösen und sich auch neben sich zu stellen und auch Entscheidungen mitzutragen, die einem auch persönlich wehtun.
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Debatte-um-Aeusserungen-von-Karin-Prien,prien446.html
Zum´Thema Rammstein: Was mir an dem Artikel massiv aufstößt, ist, daß gleich - automatisch - wieder von "Mädchen" die Rede ist. Warum? Es handelt sich um volljährige Frauen, Frauen, die es sich in anderem Kontext emanzipiert verbitten würden, als Mädchen bezeichnet zu werden.
Aber wenn es darum geht, Opfer zu sein? Dann ist frau doch nur ein kleines Mädchen ...